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Schlagwort: Equal Pay

Das Problem der Philharmoniker ist die Gleichstellung!

Rede anläßlich einer Förderung des Sommernachtskonzerts der Wiener Philharmoniker 2024
zur notwendigen Verankerung von Frauenquoten im der Kulturförderung  im Gemeinderat am 22.4.24

Wir Grüne stimmen heute gegen den Akt fürs  Sommernachtskonzert der Philharmoniker-
Warum ?
Weil wir überzeugt sind, dass solche Förderungen das politische Ziel einer demokratischen Kulturpolitik verfehlen!

Was heißt das konkret?
Demokratische Kulturpolitik bedeutet, dass mittels öffentlicher Kulturgelder auch konkrete Förderziele verfolgt werden (sollen).

Ein konkretes Förderziel kann zum Beispiel Tourismuswerbung für Wien sein –  dieses Ziel halte ich nicht für demokratisch, aber ok, ist halt wirtschaftlich motiviert.

Ein konkretes demokratisches Ziel der Förderpolitik muss sein, dass die vorhandenen Gelder möglichst gerecht verteilt werden. Und hier ist noch einige Luft nach oben.

Was heißt gerecht?
Na, zumindest sollten einmal alle Bevölkerungsgruppen gemäß ihrem Anteil in der Gesellschaft profitieren.
Weniger geschwollen ausgedrückt: wenn 50% der Wiener Bevölkerung Frauen sind, sollte auch 50% der Förderungen an Frauen fließen.

Warum?
Weil an den Unis mindestens 50% Künstlerinnen ausgebildet werden, weil die Exzellenzen da sind.

Was spricht dagegen?
Nichts außer vielleicht die Bequemlichkeit.
Weil es oft einfach bequemer das bekannte zu wiederholen:
Es ist einfacher zum 105 Mal Strauß, Mozart, Haydn, Beethoven  oder Mahler aufzuführen, statt im bestehenden Archiv der MDW eine von 500 dort dokumentierten Komponistinnen auszugraben.

500 Komponistinnen aus allen Jahrhunderten stehen in der MDW zur Verfügung, in einem Archiv hier in Wien.
In Deutschland gibt es noch weitaus mehr Archive. Im Archiv  Frau und Musik in Frankfurt am Main werden sogar 2000 Komponistinnen dokumentiert vom 9. Jhdt. bis ins 21. Jhdt. und 30.000 Medieneinheiten.  Es gibt diese weiblichen Exzellenzen!

Trotzdem schaffen es die Philharmoniker in 20 Jahren beim Sommernachtskonzert nicht mehr als nur EIN einziges Stück einer Komponistin aufzuführen.

Im Jahr 2023 (!) also letztes Jahr wurde erstmals Lili Boulangers „D‘un matin de printemps“ in der Fassung für Orchester 1918 aufgeführt!
Heuer 2024 wird ohoho wieder eins von 10 aufgeführten Werken von einer Komponistin sein: Augusta Holmès, La nuit et l’amour. Zwischenspiel aus Ludus pro patria.

Das sind erste Babyschritte – wunderbar.

Wenn wir in dieser Geschwindigkeit voranschreiten werden wir vielleicht in 20 Jahren bei einer ausgeglichenen Quote sein, vielleihct auch erst in 50 Jahren.

Mehr als 2 Komponistinnen gabs in 20 Jahren nicht zu hören. Quasi keine Musik von Frauen. Beim öffentliche finanzierten Sommernachtskonzert! – Das gratis ist und doch neben der schönen Zeit für die Zuhörenden auch ein wenig einen Bildungsauftrag erfüllen sollte.

Mit 250.000€ für einen Abend muss aus Sicht einer demokratischen Kulturpolitik mehr drin sein, als das ewig selbe.

Mit 250.000 € muss die öffentliche Hand auch ihrem gestaltenden Auftrag machkommen!

Warum ich glaube, dass Wien das tun muss?
Weil die öffentliche Hand wenig andere Steuer-Instrumente hat als konkrete Fördersummen, die vergeben werden oder eben nicht.
Wer steuern will, muss seine Förderungen an Regeln oder Kriterien binden.

Das sind einerseits Transparenz regeln. Klar.
Und dann sind es Regeln die, die FördernehmerInnen motivieren sollen Entscheidungen im Sinne einer solidarischen Gesellschaft zu treffen.

Was heißt das konkret?
Wenn wir wollen, dass mehr Frauen als ausführende KünstlerInnen und mehr Werke von Frauen öffentlich präsentiert werden….
Wenn wir wollen, dass weibliche Exzellenzen sichtbar werden…

Dann  müssen wir die Förderkriterien dementsprechend anpassen.
Deshalb bringen wir heute den Antrag zur Verankerung von Frauenquoten in der Förderkriterien ein.

Und bevor sie jetzt schon nervös werden, meie Herrn. Man kann solche Quoten auch intelligent setzen.

Man kann zum Beispiel – wie die Filmwirtschaft auf Bundesebene es großartig gezeigt hat – Quoten als INCENTIVE setzen.

Wer die Quote erfüllt, bekommt mehr Fördergelder.

Ganz einfach – wer das richtige tut, wird belohnt.
Ein simples Instrument aus der Pädagogik, das funktioniert.
Es ist nicht einzusehen, warum die Wiener Kulturförderung nicht ein ähnliches Instrument für Frauen Quoten entwickeln kann.

Ich bin überzeugt, dass das funktioniert.
Ich freue mich auf ihre Zustimmung.

Vielen DANK

 

Post Scriptum:

Ein Frauenanteil von 15,6% unter den Musiker:innen der Philharmoniker ist im internationalen Umfeld nicht mehr konkurrenzfähig. In Deutschland beträgt, nach einer Studie des deutschen Musikinformationszentrum aus dem Jahr 2021, der Frauenanteil der 129 durch öffentliche Gelder geförderten Orchester gut 40%. Da hinkt das Wiener Orchester deutlich hinterher.  Sogar die Wiener Symphoniker schaffen 25% und das RSO sogar 34% und eine vorsitzende Dirigentin!

Die den Wiener Philharmonikern, die als privater Verein organisiert sind, finden sich zum Vergleich aktuell 19 Frauen, die eine der insgesamt 148 Positionen einnehmen. Darunter sind mit Albena Danailova eine Konzertmeisterin sowie zwei Soloharfenistinnen und eine Solofagottistin.

Die Wiener Symphoniker weisen aktuell einen Frauenanteil von 25 Prozent auf, von 122 Positionen werden 31 von Frauenbekleidet. Vier davon finden sich in höheren Positionen.

Beim ORF-Radiosymphonieorchesterliegt der Frauenanteil aktuell bei rund 34 Prozent (mit Orchesterakademie), es spielen 32 Frauen und 61 Männer. Weiters gibt es eine erste und zweite Konzertmeisterin und ebenso viele männliche Kollegen.

 

Beschluss-(Resolutions-)Antrag

der Gemeinderätinnen Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) und Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE) zu Post Nr. 51 der Tagesordnung für den Gemeinderat am
22.04.2024.

Verankerung einer Gender-Quote in den Förderrichtlinien

Auch 2024 fördert die Stadt Wien, wie schon in den letzten Jahren, das Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker mit € 250.000. Grundsätzlich ist das Angebot, das berühmte Wiener Orchester einmal gratis live zu sehen, sehr zu begrüßen. Allerdings ist es vollkommen unverständlich, dass es seit Anbeginn dieses seit 2004 bestehenden Konzertangebotes bis heute nicht möglich war, eine weibliche Dirigentin zu engagieren. Ebenfalls scheint auch das Programm aus der Zeit gefallen zu sein: In den 20 Jahren bisher wurde nur ein Stück EINER EINZIGEN Komponistin durch die Philharmoniker aufgeführt. Wer so viel Fördergelder von der öffentlichen Hand erhält, sollte sich seiner Vorbildwirkung bewusst sein und in seinem Programm sowie in der Repräsentation die Realität abbilden. Es ist Zeit, dass auch im klassischen Kultursegment weibliche Exzellenz sicht- und hörbar wird. Es muss die Vielfalt der Gesellschaft abgebildet werden, um adäquat für sie und mit ihr arbeiten zu können. Die Gleichstellung sowie die Abbildung der diversen Realität in Organisationsstrukturen von Empfänger:innen von Fördergeldern sowie in den geförderten Programmen, die dem Publikum präsentiert werden, sind grundlegende Voraussetzungen für die Verwirklichung einer lebensnahen Demokratie. Dies zu verwirklichen bedeutet in vielerlei Hinsicht sowohl eine höhere Lebensqualität für alle als auch mehr Entscheidungsfreiheit und Spielraum für die eigene Lebensgestaltung. Diese ist als Ziel in der österreichischen Verfassung festgeschrieben. Die Gender-Quote in den Förderrichtlinien zu verankern ist eine notwendige kulturpolitische Intervention, um konkrete Gleichstellungsziele zu erreichen und kann somit als diskriminierungsabbauende Maßnahme betrachtet werden.

Die unterzeichnenden Gemeinderätinnen stellen daher gemäß § 27 Abs. 4 der

Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Stadt Wien folgenden

BESCHLUSSANTRAG:

Der Gemeinderat der Stadt Wien ersucht die Frau amtsführende Stadträtin für Kultur und Wissenschaft, Gender-Quoten betreffend Programm und Ausführende in den Förderrichtlinien einführen und verankern zu lassen.

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrags.

Wien, am 22.4.2024


Der Antrag wurde im Gemeinderat am 22.4.24 mehrstimmig abgelehnt

(dh. nur die GRÜNEN haben zugestimmt)

 

LINK zum Nachsehen der Rede und der Debatte

Video: GRin Mag. Ursula Berner, MA – GRÜNE
Link: http://wien.kavedo.com/share.php?d=22_04_2024&r=gr&i=114

Man kann hier auch die Diskusison weiterverfolgen….

 

 

 

 

 

 

 

 

Ohne valide Zahlen gibts keine Gleichstellung – Plädoyer für einen Gleichstellungsmonitor für Kunst,Kultur und Wissenschaft in Wien

Equal Pay in der Kulturförderung braucht Daten und Anlaysen – Rede im Gemeinderat am 25.2.2021

Es ist schon wieder passiert – und ich bin überzeugt ganz unabsichtlich ….

Ich hab hier die Liste von Förderungen der Stadt Wien an KomponistInnen im letzten Jahr … und was sieht man da von 68 Einzel-Förderungen gehen 51 an Männer und nur 17 an Frauen – das heißt 75% der Förderungen wurden an Männer ausgezahlt – 75 % das heißt nur 25%, nur ¼ der Förderungen ging an Frauen – in Zahlen ist es noch schlimmer – diese 25% Frauen bekommen nämlich außerdem noch auch anteilig weniger tatsächliche Geldsummen: von 150.000€  Gesamt-Fördersumme gehen nur 28.100 € an Frauen – das sind gerade mal 18,7% der vergeben Fördergelder. Das hat mich ehrlich irritiert als ich die Unterlagen gelesen habe. Das passiert in einer Stadt, die sich auf die Fahnen schreibt, dass

Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein erklärtes Ziel der Wiener Stadtregierung. Seit Jahrzehnten gibt es ein klares Bekenntnis von Politik und Verwaltung, die Leistungen und Angebote der Stadt für alle Geschlechter gleichermaßen zugänglich zu machen.“ (zit aus „Gender-Leitfaden im Kunst- und Kulturbereich“ der Stadt Wien 2017)

Natürlich kommt dieses massive Ungleichgewicht in der Förderung nicht, weil irgendwer absichtlich Frauen benachteiligen will – es passiert einfach, weil niemand drauf schaut!

Es passiert, weil nirgends in den Förderkriterien explizit steht, dass die Förderungen quotiert sein müssen.

Es passiert, weil nicht darüber nachgedacht wird, welche impliziten Ausschließungskriterien Frauen im Musikbereich daran hindern, für eine Förderung einzureichen.

Es passiert, weil sobald es nicht mehr massiv eingefordert wird,
sobald nicht explizit aufmerksam gemacht wird, dass man auch Frauen berücksichtigen muss,
weil sobald wir alle glauben, es ist eh schon alles gleichgestellt,
sich still und heimlich Bequemlichkeit und Traditionen fortsetzen.
Und die sind patriarchal geprägt und männlich geprägt.

Die Musiksparte ist traditionell eine, wo weniger Frauen aufscheinen – obwohl auch hier im Musikstudium in Österreich laut Statistik Austria selbst annähernde gleich viele Frauen wie Männer studieren, ca. 50% . Selbst in der Komposition sind es noch 34% Frauen – zumindest laut den Zahlen vom Deutschen Kulturrat 2020 – in Österreich sind diese Zahlen leider nicht so leicht öffentlich zugänglich.

Die Frauen scheinen im Laufe der Zeit zu verschwinden – oder sie orientieren sich um. Jedenfalls finden wir sie nicht mehr in der Förderstatistik.

Warum das so ist, wissen wir leider nicht,

Wir wissen auch nicht genau, welche Maßnahmen wir setzen sollten, um implizite Ausschließungsmechanismen abzuändern.

Wir wissen nicht, welche konkreten kulturpolitische Interventionen eine Gleichstellung in der Förderwirkung erreichen können – wir wissen es nicht, weil wir sie schlicht keine Daten dazu erheben.

Wir haben nur rudimentäre Zahlen, wie viele und wie hohe Fördersummen bei Frauen bzw. bei Männern ankommen.

Wir haben nur eine grobe Ergebnisanalyse über die Verteilung von Männern und Frauen in großen und kleinen Kulturinstitutionen dieser Stadt, weil wir nur die oberste Hierarchieebene in den Daten erfassen.

Kulturpolitische Entscheidungen werden aber auf allen Ebene getroffen. Ständig. Inhalte werden von der Dramaturgie genauso beeinflusst, wie vom Regisseur – ja meist ist das ein Mann.

Um tatsächlich eine geschlechtergerechte Verteilung von Fördergeldern zu erreichen – zu der wir uns als Stadt Wien bekennen, um tatsächlich ein reales Genderbudget im Kunst und Kulturbereich – und auch in der Wissenschaft umzusetzen, um also unser Ziele in der Gleichstellung als moderne Stadt des 21. Jahrhundert zu erreichen – brauchen wir belastbare und umfassende Daten, wer wieviel bekommt. Wieviel Geld geht an Frauen, wieviel Geld geht an Männer.

Wir brauchen dringend einen neuen Gleichstellungsmonitor für Kultur und Wissenschaft – eine jährliche Analyse, die kontinuierlich Förderwirkungen und Politikziele verfolgt.

Nur mit Hilfe einer umfassenden Analyse von spezifischen Daten ist es möglich konkrete Maßnahmen zur Gleichstellung zu setzen – und das wichtigste dabei – die Maßnahmen auch anzupassen, wenn sich nach einiger Zeit herausstellt, dass sie nicht erreichen, was wir erreichen wollen.

Deshalb stellen wir Grüne hiermit den Antrag nach Einrichtung eines regelmäßig publizierten Gleichstellungsmonitors für Kunst, Kultur und Wissenschaft.

Warum wir das wollen: Die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern ist grundlegende Voraussetzung für die Verwirklichung von Demokratie. – das sagen nicht nur FeministInnen, so steht es in der österreichischen Verfassung.

Gleichstellung lässt sich nicht herbei reden,

Inhaltlich ist die Gleichstellung und das equal pay – das gleiche Einkommen für gleiche Leistung – selten aber doch Thema in der Kunst, wie auch auf der Bühne. Aber die, die vorne öffentlich drüber reden, gehen dann hinten beim Bühneneingang raus – mit dem halben Lohn in der Hand.

Das kann man ändern, und das müssen wir ändern.

Es reicht nicht in Kunst und Kultur Bereich nur über die Gleichstellung reden, die Ungleichheiten sichtbar zumachen – es braucht Taten, es braucht konkrete Veränderungen und aktiv gesetzte Maßnahmen. Gerade auch in der Förderpolitik.

Der Gleichstellungsmonitor ist ein Schritt, um strukturiert Fehlentwicklungen zu analysieren und konkrete Verbesserungen anzugehen.

Politik und Verwaltung muss für optimale Rahmenbedingungen sorgen, um Frauen und Männern die gleichen Möglichkeiten und Chancen zu gewähren. Daher bin ich für Steuerungsmechanismen, die auf Ausgewogenheit im künstlerischen und kulturellen Feld achten“, das sagten Sie Frau Stadträtin – ich bin da ganz bei Ihnen – der baldige Frauentag wäre ein guter Anlass die Basis für mehr Geschlechtergerechtigkeit in ihrem Ressort zu legen – mit einem umfassend neu aufgesetzten Gleichstellungsmonitor für Kunst, Kultur und Wissenschaft.

© 2024 ursula berner

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