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Schlagwort: Jugendfürsorge

Jugendkriminalität – was tun?

Rede im Wiener Gemeinderat am 20.3.24 zur aktuelen Stunde: „Jugendgewalt in Wien nimmt zu! Hinschauen statt wegschauen: Verstärktes kommunales Maßnahmenpaket zu Jugendarbeit, Gewaltprävention und Integration gefordert!“

Guten Morgen, Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Wir alle sind von den kürzlichen Ereignissen sehr betroffen – als Eltern, als Nachbarn und als Menschen. Trotz dieser Betroffenheit wird von uns Politiker:innen ein klarer Blick und kühler Kopf verlangt, um notwendige Schritte zu setzen.

Ziel muss es sein, präventiv solche Vorfälle zu verhindern, aber auch, wenn dies nicht mehr gelingt, fachgerecht zu intervenieren und besonders für das Opfer eine gute Nachbetreuung gewährleisten zu können.

Denn auch das zeichnet eine Gesellschaft aus: ob Parteien einen solchen Gewaltvorfall dazu nutzen, um zu verunsichern und Hass zu schüren oder ob wir einen angemessenen Umgang finden, der nachhaltig zu einer sichereren und solidarischen Gesellschaft beiträgt.

Ein Blick in die Geschichte hilft:
Wenn wir einen Schritt zurücksteigen, dann müssen wir leider vor uns selbst zugeben: Gewaltausbrüche sind keinesfalls neu und auch das Thema Jugendbanden, die überwiegend aus männlichen Jugendlichen bestehen. Sie sind Teil der jugendlichen Entwicklung mit der eine Großstadt umgehen muß.

Es gibt Berichte über die Kettenbande, die in den frühen 50ern die Kaiserstraße im 7.Bezirk unsicher gemacht hat. Wir kennen Berichte der Banden am Rennbahnweg  und andere , die noch in den 70ern den Karl Marx Hof in Angst und Schrecken versetzen.

Tatsächlich sind Jugendliche Banden, die zerstörerisch raufend durch die Gassen ziehen, und viele in Angst versetzen, Teil der europäischen Literaturgeschichte: in Romeo und Julia (start im link ab 0.34) zB., genauso wie in der West-Sidestory.
Und leider ist auch die sexuelle Ausbeutung junger Mädchen, Teil der europäischen Geschichte:
Wer hier im Saal kennt nicht die angeblichen Bekenntnisse von Josefine Mutzenbacher, die detailreich beschreibt, wie sie als deutlich minderjähriges Mädchen im Keller ihres Hause kindliche Burschen und erwachsene Männer bedient.

Sexualisierte Übergriffe auf ganz junge Mädchen sind teils belächelter, teils fasziniert beobachteter Teil unserer Geschichte und Kultur – leider.

Eine solidarische modere Gesellschaft setzt sich zum Ziel solche Übergriffe zu verhindern. Als Stadt, als politische Vertreterinnen sehen wir uns in der Verantwortung hier einzugreifen:

Heute im Jahr 2024 sind wir zum Glück in der Lage, Gewalt unter Jugendlichen und sexuelle Übergriffe ganz klar zu benennen und dagegen vorzugehen. Wir wissen auch, was hilft. Wir müssen in die Prävention investieren. Das wissen Sie, liebe KollegInnen auch.  Das bedeutet auch, jedes Opfer von Gewalt bestmöglich vor weiterer Gewalt zu schützen und – und das ist offensichtlich für manche schwer anzuerkennen – es bedeutet auch, mit den Jugendlichen, die Gewalt ausübten, opferschutzorientierte Täterarbeit durchzuführen. Denn diese noch fast Kinder und Jugendliche müssen lernen, dass ein solches Verhalten keinesfalls bagatellisiert wird und sie müssen lernen, sich anders zu verhalten, ansonsten besteht die Gefahr für weitere Übergriffe in der Zukunft!

Die Stadt Wien hat eine lange Tradition offener und aufsuchender Jugendarbeit:
Spätestens ab den 70er Jahren wurde begonnen in offene Jugendarbeit – zu investieren und auch die Männerberatung Wien wurde 1984 als eine der ersten im deutschsprachigen Raum gegründet. Es gibt Jugendzentren, aufsuchende Jugendarbeit, Parkbetreuung  – sinnvolle öffentlich finanzierte Betreuungsangebote. Frühe Hilfen sollen Familien in Krisen beistehen und letztlich hat die MA11 einzugreifen, wenn Gewalt in der Familie eskaliert.

Es gibt also einige Angebote – aber es gibt auch blinde Flecken und wir müssen uns fragen, ob erstens die aktuellen Angebote der Stadt die Zielgruppen auch erreichen,
und zweitens müssen wir uns fragen, wie es mit der Solidarität in der Stadt aussieht, wenn Häuser mitten in der Stadt verfallen und leer stehen, sodass sie zu Tatorten werden können.

Natürlich müssen wir auch nach den Erziehungsberechtigten fragen und diese in die Pflicht nehmen, es gilt hier in Elternarbeit zu investieren, auch in fremdsprachige Angebote (!), um aufzuklären und Hilfe anzubieten. Wir wissen aber auch um die teils desaströsen Zustände in den WGS der Stadt Wien, die es nicht schaffen, Kindern und Jugendlichen den sicheren Raum zu geben, den sie brauchen.

Die WGs für unbegleitete Asylwerber haben ein schlechteres Betreuungsverhältnis als die WGS für Kinder mit österr. Staatsbürgerschaft. Weil für diese Kinder deutlich weniger Budget zur Verfügung gestellt wird

Es braucht dringend einen massiven Ausbau der Psychiatrischen und Psychotherapeutische Angebote für Kinder und Jugendliche !

Es braucht einen deutlichen Ausbau der Schulsozialarbeit und es braucht einen Ausbau der koordinierten Zusammenarbeit von Polizei, Sozialarbeit, MA11, von DERAD und  WNED und Bildungseinrichtungen  – damit jeder Bereich seinen Fachrichtung ihre Expertise einbringen kann, und Probleme frühzeitig erkannt werden können.

Die aktuellen Herausforderungen werden wir nur gemeinsam und in Solidarität lösen können.

DANKE

 

Kinderschutz braucht mehr Aufmerksamkeit, die MA11 mehr Resourcen, Herr Stadtrat!

Rede anläßlich des #Misstrauensantrags an Stadtrat Christoph #Wiederkehr am  27.1.23

Gehen wir wieder zurück, noch eine unangenehme Geschichte. Jedes Kind die gleichen Chancen, jedem Kind dieser Stadt die gleichen Chancen, das ist das, was die NEOS vor sich hertragen. Das gelingt leider in der Bildung nur unzureichend, aber es gelingt noch unzureichender bei den Kindern der MA 11, bei den Kindern, die in der Obsorge der MA 11 sind.

Ich gebe Ihnen ein kleines Beispiel: Mit 18 Jahren, und zwar mit dem 18. Geburtstag wird ein Kind aus der Obsorge der MA 11 voll entlassen, es gibt keine weitere Unterstützung. Sollte dieses Kind besonders intelligent sein, sollte dieses Kind einen Studienabschluss machen wollen, sollte dieses Kind studieren wollen, ist das nicht so leicht möglich. In Wirklichkeit ist es nicht möglich, denn diese Kinder müssen sich ab dem 18. Lebensjahr selbst versorgen. Das ist keine gleiche Chance für alle Kinder in dieser Stadt. Das tut mir wahnsinnig leid. (Beifall bei den GRÜNEN.)

Wir haben mehrere Missstände. Ich werde jetzt viel über die MA 11 reden, aber einleitend möchte ich schon sagen: Sie haben zwar den Kinderschutz etabliert, gesetzlich verankert, aber leider gibt es keine Finanzierung für diesen Kinderschutz, den Sie gesetzlich verankert haben. Das heißt, Vereine und Organisationen werden damit im Regen stehen gelassen, wie sie diesen Kinderschutz umsetzen sollen, und letztlich werden damit die Kinder und ihre Eltern im Regen stehen gelassen. Es gibt nämlich dadurch keinen Kinderschutz in Wien. Es tut mir auch wahnsinnig leid, Herr Wiederkehr.

Die Kinder- und Jugendhilfe hat schon im Juni 2022 an den Vizebürgermeister gemeldet, dass aufgrund des Personalnotstandes der gesetzliche Auftrag des Kinderschutzes nicht mehr im vollen Umfang gewährleistet werden kann. Das war im Juni 2022. Die Gewerkschaft hat gemeldet, dass 42 Vollzeitstellen an den Regionalstellen unbesetzt sind. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft meldet eine Überlastung der Krisenzentren und der sozialpädagogischen WGs und damit eine Gesamtüberlastung des Personals.

Diese alarmierenden Berichte sollten eigentlich die rot-pinke Stadtregierung zu einem schnellen Handeln bewegen, doch Vizebürgermeister Wiederkehr beteuert weiterhin, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. In Wirklichkeit, lieber Herr Stadtrat Wiederkehr, brennt es in der Kinder- und Jugendhilfe.

Es ist ein Missstand, der die Alarmglocken klingeln lassen sollte. Und was passiert? – Bisher nichts.

Es braucht dringend eine #Personaloffensive, es braucht eine Attraktivierung der Arbeitsplätze der Kinder- und Jugendhilfe und massive Entlastung des Personals. Es braucht dringend eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Es braucht eine Aufstockung des Personals und es braucht zumindest 42 neue Vollzeitäquivalente. Außerdem sollten die Nachtstunden eins zu eins abgegolten werden, was bisher nicht der Fall ist, und es gibt derzeit auch weder Wochenend- noch Feiertagszulagen. Wir fordern weiters, dass die Rufbereitschaft in den Kinder-und Krisenzentren bezahlt wird, auch das findet nicht statt.

Wir sehen vor uns, dass in den Krisenzentren der Stadt Wien nicht 8 Kinder, sondern 14 Kinder versorgt werden. Was macht so ein Sozialarbeiter, der alleine dasteht, wenn ein Kind in der Nacht ins Krankenhaus gebracht werden muss? Das Kind kommt entweder nicht ins Krankenhaus, oder die acht anderen Kinder bleiben alleine. Das geht so nicht weiter, das ist ein Versagen der #Obsorge der Stadt #Wien. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

Nur ausreichend zeitliche und personelle Ressourcen sind ein Garant für die Einhaltung der #Kinderrechte in den Einrichtungen der MA 11.

Es darf nicht sein, dass SozialarbeiterInnen abwägen müssen, ob die Belastung der Kinder innerhalb der #Krisenzentren höher ist oder in der Herkunftsfamilie, wo womöglich das Kindeswohl nicht gewahrt werden kann. Es ist ein Versagen, dass Sie die Kinderrechte nicht einhalten und das Wohl der Kinder in dieser Stadt nicht sicherstellen können. Das alles liegt an Unterfinanzierung, Personalnotstand und Überbelastung der SozialarbeiterInnen und der anderen Beamten, die dort arbeiten.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 11 sehr bedanken, die sich trotz dieser Missstände täglich bemühen, die Fürsorge der Kinder zu gewährleisten. Herzlichen Dank an dieser Stelle! (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

Die Situation kennen wir, wir haben das schon öfter in mehreren Berichten der Kinder- und #Jugendanwaltschaft, des #Stadtrechnungshofes, der #Volksanwaltschaft gehört, aber es ist leider nicht besser geworden. Im Oktober 22 waren es noch immer 6 Vollzeitäquivalente, die im Bereich soziale Arbeit gefehlt haben, und 30 Vollzeitäquivalente, die im Bereich Sozialpädagogik gefehlt haben. Die vakanten Stellen in den Regionalstellen, in den WGs, in den Krisenzentren sind nicht nachbesetzt worden. Das sind 43,8 % der Vollzeitäquivalente, die nicht nachbesetzt werden konnten. Das ist zu viel und das kann keine Arbeit sicherstellen, da kann kein #Präventionsschutz mehr stattfinden. Das ist einfach eine Katastrophe für die Stadt und für die Kinder, die es am notwendigsten brauchen, nämlich die Kinder, die in Obsorge der Stadt Wien versorgt werden sollten.

Es heißt, dass bei vielen Kindern, die in destruktiven Verhältnissen leben, nicht sichergestellt werden kann, dass die Abnahme durch die Stadt Wien ihnen ein besseres Leben gewährt, als das, das sie in ihrer Herkunftsfamilie haben. Das ist wirklich eine dramatische Diagnose für diese Stadt. So darf es nicht weitergehen, und

das ist auch ein Versagen von Ihnen, Herr Stadtrat,

auch wenn Sie jetzt nicht zuhören. Ich weiß, Sie unterhalten sich jetzt mit Herrn Czernohorszky, den das vielleicht auch trifft, weil das auch auf seine Vorarbeit zurückzuführen ist.

Ich fürchte, dass wir aber trotzdem an dem Punkt sind, dass wir über langfristigen Kinderschutz, langfristige Prävention und einen Ausbau der frühen Hilfen in dieser Stadt reden müssen.

Auch der ist bis jetzt nicht gewährleitet worden, auch bis jetzt gibt es kein Konzept, wie die frühen Hilfen auf die ganze Stadt ausgebaut werden können. Das ist eine Katastrophe! (Beifall bei den GRÜNEN.)

Langfristig muss mehr Geld in den Bereich des Kinderschutzes und in die Jugendhilfe hinein.

Das wissen Sie, und das sagen alle kontrollierenden Organe.

Es wäre dringend angesagt, dass der Herr Stadtrat endlich reagiert.

Schaffen Sie Strukturen, schaffen Sie strukturelle Verbesserungen, schaffen Sie finanzielle Anreize, um so mehr sozial engagiertes Personal zu motivieren und vor allem zu längerem Bleiben zu motivieren. Kümmern Sie sich endlich um einen Ausbau der frühen Hilfe. Es braucht strukturelle Verbesserungen für das Personal, die 35-Stunden-Woche, bezahlte Rufbereitschaften, größere Teams, keine Einzeldienste, mehr Springerinnen und Springer und eine verpflichtende Rechtsberatung für Eltern und Familien, die im Abnahmeprozess mit der MA 11 stehen. Die ist bis jetzt auch nicht mehrsprachig, das ist eine Katastrophe.

Hiermit muss ich Ihnen leider das Misstrauen aussprechen, auch wenn Sie nicht zuhören, Herr Stadtrat Wiederkehr.
(zur Erklärung: Stadtrat Wiederkehr tauscht sich während des gesamten 2 Teils der Rede mit Sitznachbarn Czernohorzky aus.)

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Rede zu den Missständen in der MA11 anhand des Volksanwaltschaftsbericht

Im Gemeinderat am 23.11.2022

Schönen guten Tag! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrtes Publikum vor den Bildschirmen! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Sehr geehrte Volksanwälte und Frau Volksanwalt!

Danke, dass Sie heute gekommen sind, danke, dass Sie den Bericht heute vorlegen. Wir wissen Ihre umsichtige Arbeit sehr zu schätzen, weil es ist nicht einfach, ständig öffentlich auf Missstände aufmerksam zu machen. Sie schlagen aber immer konkrete Maßnahmen vor. Ich finde es wichtig, dass Sie weiterhin ein Stachel im Fleisch bleiben. Danke schön für Ihre Arbeit! Damit halten Sie das Vertrauen für unsere ganzen Behördenwege offen. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg. Barbara Novak, BA.)

Jetzt zum Punkt der Kinder- und Jugendhilfe: Wir stehen vor einer schwierigen Situation bei der Kinder- und Jugendhilfe, einerseits werden in Wien bundesweit am meisten Kinder und Jugendliche abgenommen, und andererseits können genau diese abgenommenen Kinder und Jugendlichen, die ja eigentlich abgenommen werden, damit sich ihre Situation verbessert, nicht ausreichend betreut werden. Das liegt in erster Linie an einer Unterfinanzierung der MA 11, der Kinder- und Jugendhilfe im Allgemeinen. Das ist extrem unerfreulich. Seit ich hier im Landtag stehe, seit ich hier im Landtag und im Gemeinderat arbeite und hier sitze und regelmäßig Berichte von der Kinder- und Jugendanwaltschaft, von der Volksanwaltschaft bekomme, hat sich das leider nicht geändert. Jedes Mal werden massive Mängel in der MA 11 und in den Institutionen der Stadt Wien festgestellt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen, weil sie unter den bestehenden Bedingungen nicht mehr arbeiten können. Die Krisenzentren mussten vorübergehend wegen Personalmangels und Krankenständen geschlossen werden. Permanente Überbelegung vermindert nicht nur die Qualität der Krisenabklärung, sie macht sie zum Teil gar nicht mehr richtig möglich – wir haben es heute schon gehört, 14 Kinder statt acht Kinder werden in einer Wohngemeinschaft untergebracht. Das ist zu viel. Vollzeitstellen können nicht mehr besetzt werden. Überstunden, die auf Grund vakanter Stellen, Quarantäne, vermehrter Krankenstände, geänderter Dienstzeiten und Lockdowns angesammelt wurden, können nicht beglichen werden. Die Kommission hat festgestellt, dass die Situation so dramatisch war, dass Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen zum Teil zwei oder mehr Hauptdienste hintereinander machen mussten, das heißt, 76 Stunden hintereinander Arbeit. Das ist massiv gesundheitsgefährdend und stellt eine totale Überforderung dar. So kann es hier nicht weitergehen! Das ist wirklich eine Katastrophe!

Besonders problematisch war 2021 auch die psychische Belastung in den eigenen Einrichtungen der MA 11, da in den WGs, anders als in den privaten Einrichtungen, auch Einzeldienste üblich waren, das heißt, ein Sozialpädagoge auf acht oder gar 14 Kinder. Das ist eine klare Überschreitung.

Die aktuelle Situation ist aber leider laut einer Anfrage an StR Wiederkehr in diesem Herbst nicht besser geworden. Im Oktober 2022 waren es noch immer sechs Vollzeitäquivalente, die im Bereich sozialer Arbeit gefehlt haben und 30 Vollzeitäquivalente im Bereich Sozialpädagogik. Die vakanten Stellen waren in Regionalstellen, in WGs, in Krisenzentren. Insgesamt fehlten in den gesamten pädagogischen Einrichtungen 43,8 Prozent der Vollzeitäquivalente. Das ist eine Katastrophe, sage ich noch einmal. Das kritisiert auch der nationale Präventionsschutz, mit dem die Volksanwaltschaft seit 2021 beauftragt ist. Der nationale Präventionsschutz sagt seit Jahren und fordert seit Jahren eine Aufstockung des Personalschlüssels in den Wiener WGs, doch die Stadt Wien hat bisher leider nicht reagiert.

Es geht aber darüber hinaus: De facto gibt es darüber hinaus viel zu wenig Ressourcen für die aufsuchende Familienarbeit, meine Kollegin Keri hat das vorhin schon betont. Es wird nicht genug in aufsuchende Familienarbeit investiert. Es werden die frühen Hilfen nicht ausgebaut. Sie alle wissen, die sind nur für die Hälfte der Wiener Bezirke zugänglich. Aber was heißt das für die Familien? – Es leben weiterhin viele Kinder und Jugendliche in destruktiven Verhältnissen, sind Verwahrlosungen oder Gewalt ausgesetzt, weil einfach keine Kapazität da ist, um umfassend zu helfen und um frühzeitig präventiv einzugreifen. Aufsuchende soziale Arbeit kostenfrei, psychotherapeutische Angebote und andere Therapien, all das fehlt in Wien. In Wien werden derzeit zirka 20 000 Kinder geboren, das wissen Sie, und für 10 Prozent davon wäre Unterstützungsbedarf notwendig. Derzeit können aber in Wien nur die westlichen Bezirke mit frühen Hilfen ausgesetzt werden. Auch dazu haben wir schon mehrere Anträge eingebracht, es wird auch im Volksanwaltschaftsbericht wieder darauf hingewiesen. Derzeit kann nur eingegriffen werden, wenn der Hut schon massiv brennt, das heißt, die MA 11 spielt Feuerwehr, wenn Akutgefahr droht.

An dieser Stelle möchte ich einen besonderen Dank an die MitarbeiterInnen der MA 11, die sehr engagiert sind und sich in jeder Situation bemühen, ausrichten und würde mich freuen, wenn Sie das auch mit einem Applaus unterstützen, denn sie sind jeden Tag vorne an der Front und reden mit den Kindern und Familien, die es besonders schwer haben. Herzlichen Dank! (Beifall bei den GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPÖ sowie von Abg. Sabine Keri.)

Wenn der Druck dann besonders groß ist in der MA 11, dann hat man natürlich nicht genug Zeit, um das zu machen und dann passiert es, dass Informationen an die Familien unvollständig sind. Deshalb bringen wir heute einen Antrag ein, nicht nur, um die Familie einzubinden, sondern um ihnen verpflichtend Rechtsinformationen darüber zugängig zu machen, in welcher Situation sie sich befinden, welche Rechtsmittel sie einbringen können und an wen sie sich wenden können, wenn es schwierige Situationen gibt. Das ist das Ziel unseres Antrages. Ich würde Sie bitten, dass Sie zustimmen.

Warum wir das machen? – Weil auch hier im Volksanwaltschaftsbericht eine Falldarstellung zeigt, dass das nicht immer so einfach ist. Es ist manchmal strittig, es gibt sehr komplexe Fälle und es gibt keine niederschwellige Beratung in solchen Fällen für die betroffenen Familien. Die MA 11 befindet sich immer in einem Spannungsfeld zwischen der Wahrung des Kindeswohls, der Kinder und der Eltern und Ziel solcher neuen Beratungen sollte es sein, Eltern und Minderjährige über ihre Rechte, die Rechtsmittel und Unterstützungsangebote im Fall einer Krisen- oder Fremdunterbringung aufzuklären, und zwar von einer unabhängigen Stelle, und eventuell Hilfe anzubieten. Neben der aufwändigen Prüfung durch die Volksanwaltschaft, die ja immer erst im Nachhinein erfolgen kann, wäre es sinnvoll, schon akut in dem Moment, in dem es passiert, Hilfe anbieten zu können. Diese Anlaufstelle soll natürlich nicht ausschließlich für Eltern und Kinder offenstehen, aber vor allem für sie, sondern auch darüber hinaus. Wichtig ist auch: Die MitarbeiterInnen der MA 11 sollten verpflichtet sein, Eltern und Kinder über diese Beratungsstelle zu informieren, genau das kann ja im Moment der normalen Beratungen der MA 11 offensichtlich nicht ausreichend ausgeführt werden. Es gibt nicht genug Zeit dafür, deshalb muss das ausgelagert sein. Es wäre auch sehr wichtig, dass es eine neutrale Beratung gibt.

Langfristig muss aber in den gesamten Bereich des Kinderschutzes und der Jugendhilfe mehr Geld hinein. Die Volksanwaltschaft ebenso wie die Kinder- und Jugendanwaltschaft streicht in allen Bereichen die massive Unterversorgung für Kinder und Jugendliche in voller Erziehung hervor. Es wäre dringend angesagt, dass der Herr Stadtrat endlich reagiert. Schaffen Sie Strukturen, schaffen Sie strukturelle Verbesserungen, schaffen Sie finanzielle Anreize, um so mehr sozial engagiertes Personal zu motivieren und vor allem auch zum längeren Bleiben zu motivieren! Kümmern Sie sich endlich um den Ausbau der frühen Hilfen!

Unsere Forderungen:

  • strukturelle Verbesserungen für das Personal,
  • 35-Stunden-Woche, bezahlte Rufbereitschaft,
  • größere Teams,
  • keine Einzeldienste,
  • mehr Springerinnen und
  • Springer und
  • eine verpflichtende Rechtsberatung für alle Eltern und Familien, die im Abnahmeprozess mit der MA 11 stehen (Beifall bei den GRÜNEN),

damit Eltern und Obsorgepflichtige und auch die Kinder verstehen, was mit ihnen passiert und wo sie sich hinwenden können und damit auch das Amt Missverständnissen vorbeugen kann. –
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Hiermit bringe ich den Antrag ein. (Beifall bei den GRÜNEN.)

Pflaster statt langfristige Lösungen – Wiener Krisenzentren sind in der Krise und werden da wohl bleiben

Das ist die Spitze des Eisbergs im Bereich Kinder- und Jugendhilfe – tatsächlich zeigt sich hier das jahrzehntelange politische Versagen der zuständigen Stadträt*innen der SPÖ, die dem Bereich  kontinuierlich mit zu wenig Ressourcen ausgestattet hat: zu wenig Personal und zu wenig Infrastruktur

Eigentlich sollten sie ein Ort zum Durchschnaufen sein. Wenn es zu Hause nicht mehr klappt, weil Streit eskaliert oder wenn die Erziehungsberechtigten so krank werden, dass sie nicht mehr selbst ihre Kinder versorgen können, oder wenn ein anderer Notfall auftaucht: Das Krisenzentrum dient als erster Anlaufort: Ein sicherer Hafen, wo das verstörte Kind, der irritierte Jugendliche einmal zur Ruhe kommen kann. Eine entspannte Zwischenstation, wo man gemeinsam beschießt, wie es weitergehen kann, ob und wo Hilfe gebraucht wird, oder ob es besser ist auch längerfristig eine neue Unterkunft zu suchen. Ein „safe space“ mit Erwachsenen, die in der Lage sind, professionell und ruhig mit dem Kind oder Jugendlichen gemeinsam einen Ausweg zu suchen.

De facto ist die Realität in Wien eine andere, wie der vorliegende Bericht des Stadtrechnungshof Wien offenlegt: irritierte Kinder kommen in eh schon überfüllte Krisenzentren. Statt einem ruhigen Ort finden sie da viele andere unterschiedliche traumatisierte Kinder vor. Statt ausreichend und ausgeruhten Pädagog*innen, die sich für sie Zeit nehmen können, treffen sie vielfach auf eine ausgelaugte Person, die schon viel zu viele Überstunden hat, oder gar nach dem Nachtdienst weiter (zu lange) durchgehend im Dienst bleiben musste. Statt Qualitäts-Zeit für ausführliche Gespräche und Beziehungsaufbau, geht ein großer Anteil der Arbeitszeit in Administration und Dokumentation – das liegt weniger an der Motivation der Sozialpädagog*innen, als vielmehr an deren Workload.

Die Diagnose des Stadtrechnungshofs war schon 2015 klar: zu wenig Personal, nicht zufriedenstellende Strukturen, zu wenig Supervision, zu wenig Plätze für zu viele Kinder in Not. Das waren damals die Kritikpunkte an der MA11, diese standen durchgehend unter der Verantwortung von SP Stadträt*innen.

 

Vor ca. 1 Jahr hat der Stadtrechnungshof dann nachgeprüft, was von den vorgeschlagenen Verbesserungen tatsächlich umgesetzt wurde, dieser Bericht ist 1/ 2021 veröffentlicht worden
(https://www.stadtrechnungshof.wien.at/ausschuss/01/01-01-StRH-II-35-19.pdf ).

Das Ergebnis, dessen Bericht jetzt öffentlich vorliegt, ist tatsächlich beschämend (unvollständige Auswahl):

  • Im Jahr 2019 wurden in den Krisenzentren insgesamt rd. 1.900 Überstunden und somit rund die doppelte Anzahl der in den beiden Vorjahren geleisteten Überstunden erbracht.
  • Es fehlt an Supervision in den Teams, es gibt keine einheitlichen und verbindlichen Qualitätsstandards für Krisenzentren und stark verzögerte Genehmigungsverfahren für die Wohngemeinschaften an einzelnen Standorten. Beispielsweise gilt die 2001 ausgestellte Genehmigung für eine WG in Simmering trotz Übersiedlung an einen neuen Standort 2016 noch immer.
  • In den regionalen Krisenzentren waren in einigen Fällen bis zu 14 Kinder aufgenommen (statt 8 vorgesehen Plätze), was einer Überbelegung von sechs Kindern und einer Auslastung von 175 %
  • Kinder und Jugendliche blieben weit länger als 6 Wochen im Krisenzentrum auch mehrere Monate, weil kein passender Platz in einer Folgeeinrichtung oder Pflegefamilie zu finden war. (6 Wochen sollten laut informellen Konzepts längstens in dem als Übergangslösung gedachten Krisenzentrum verbracht werden, dafür sind die Räumlichkeiten ausgelegt).
  • Aufgrund des langen und hohen Überbelags des Krisenzentrums „Am Fuchsenfeld“ in Meidling kam es auch zu Personalproblemen, die schließlich sogar zur Schließung geführt haben: Im gesamten Jahresverlauf und über alle Krisenzentren betrachtet, kam es 2539 Mal zu einer Überschreitung der genehmigten Gruppengröße, was bedeutet, dass die einzelnen Einrichtungen an durchschnittlich 43,5 % aller Tage überbelegt waren. Zusammenfassend war zu bemerken, dass die Auslastung der Krisenzentren im Vergleich zum Einschauzeitraum der Vorprüfung gestiegen war und es in den Jahren 2017 bis 2019 zu einem hohen Ausmaß an Überbelegungen kam.
  • Es ist laut Stadtrechnungshof dringend erforderlich dieser Entwicklung der systematischen Überbelegung der Krisenzentren konkret entgegen zu steuern. Vorschläge zur Reduktion der Belegzahl sind: u-a- die Schaffung zusätzlicher Krisenzentren, eine Stärkung der Sozialen Arbeit, der ambulanten Ressourcen sowie vermehrte Kapazitäten in Folgeeinrichtungen (also mehr Wohngemeinschaften für die Jugendhilfe).

Die wenig zufriedenstellende Versorgung in der Kinder- und Jugendhilfe ist bekannt.

Um die Belagszahlen zu reduzieren reichen keine Einzelmaßnahmen wie sie Christoph Wiederkehr heute ad hoc präsentierte.
Es braucht eine umfassende Neuaufstellung des ganzen Bereichs der Jugendhilfe!
Es braucht große Investitionen in Prävention vom ersten Tag nach der Geburt an, z.T.  schon in der Schwangerschaft.

Es braucht mehr Personal und Restrukturierung der Aufgabenbereiche in der MA11,

und es braucht im Bereich Krisenhilfe und volle Erziehung einen Ausbau und Restrukturierungsprozess:

  • Entwicklung von unterschiedlichen Aufgabenprofilen in der #Wohngemeinschaft (WG) Betreuung,
  • vermehrte Möglichkeiten für #Qualitätszeiten von Kindern/Jugendlichen mit ihren Betreuungspersonen,
  • bessere Betreuungsschlüssel,
  • angepasste Personalplanung (immer mind. 2 Betreuungs-Personen pro WG),
    mehr WG Plätze,
  • Kontinuierliche Supervision und Teamentwicklung für das Betreuungspersonal
  • #Mentoringkonzept für Neueinsteiger*innen durch erfahrene Pädagog*innen
  • kontinuierliche Begleitung auch Jugendlicher auf den Weg ins Erwachsenenleben (d.h. Ausbau der Konzepte für #Careleaver);
  • Ausbildungsbegleitung auch über den 18. Geburtstag hinaus.

Im Moment gibt es in Wien – obwohl wir eine der reichsten Städte der Welt sind – zu wenige therapeutische Angebote für Kinder und Jugendliche und ihre Familien, zu wenig sozialpädagogische und andere ambulante Angebote und es gibt zu wenig aufsuchende Sozialarbeit.

Gemeinsam koordiniert und frühzeitig eingesetzt könnten alle diese Interventionen präventiv wirken und notwendige Kindesabnahmen reduzieren. Ein erprobtes Konzept dafür gibt es – es heißt „Frühe Hilfen“.

Die Angebote der Frühen Hilfen müssen auf ganz Wien ausgedehnt werden und insgesamt breiter aufgestellt werden. Nur so kann man Familien in schwierigen Situationen helfen bevor es eskaliert

Das ist ein Baustein.

(Einen Ausbau dieses gut erprobten Tools auf ganz Wien haben die SPÖ und NEOS vor Weihnachten abgelehnt. Antrag-Text siehe unten )

Die eine multiprofessionelle psychosoziale Betreuung für Familien in Schwierigkeiten ist ein anderer Baustein.

Ein Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein dritter Baustein.

 

Wir können uns den komplexen Herausforderungen der Jugendhilfe nur stellen und sie verbessern, wenn wir sie als komplexes System erkennen.

Das ständige Herumdoktern an einzelnen Stellen über viele Jahre war leider nicht ausreichend.

Was hier fehlt ist ein großer Wurf!

 

Links:

OTS zum Stadtrechnungshofbericht

Antwort von Christoph Wiederkehr auf den Stadtrechungshof-Bericht

Grüner Antrag zum Ausbau der Frühen Hilfen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wer sein Kind „allein“ erzieht, darf nicht alleingelassen werden! – groß*und*klein – Handbuch für Alleinerziehende und ihre Kinder

Alleinerziehen“ ist in diesem Jahrtausend ein fixer Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Ob das nun ein „allein“ erziehen mit aller Verantwortung bedeutet, ein gut abgesprochenes Doppelresidenz Modell mit modernem Rollenverständnis oder eben Leben in einer „Patchwork“ Familie.

„Alleinerziehen“ heißt vielfach Familie neu denken, neu leben und verantwortlich sein für alle Entscheidungen, die die Zukunft und Gegenwart des Kindes betreffen. Anders als noch in den 1970ern und 1980er können alleinerziehende Mütter (und wenige Väter) ihr Leben als Ein-Eltern-Familie heute unabhängiger gestalten.

Keine bleibt alleine“ ist die Motivation der Grünen Frauen Wien und der Grünen Bildungswerkstatt für die Herausgabe eines Handbuchs, das sich speziell an den Bedürfnissen der Ein-Eltern-Familien orientiert. Unter dem Titel „groß* und* klein – Das Handbuch für Alleinerziehende“ ist das Serviceheft ab heute als Druckwerk und als Download erhältlich.

Mit dem Handbuch für Alleinerziehende halten Solo-Eltern geballte Infos in einer Hand. Auch für die Beratungseinrichtungen selbst ist das Handbuch ein Nutzen. Von Seiten der Herausgeberinnen werden an jede Beratungsstelle Gratisexemplare für ihre Klient*innen und auch für die eigene Orientierung weitergegeben.

Das Handbuch ist eine Zusammenstellung des Beratungsangebots von Einrichtungen, das für Alleinerziehende und ihre Kinder von besonderem Interesse ist. Rund 60 private und öffentliche Einrichtungen und Vereine haben ihre spezifische Serviceleistungen formuliert und dem Handbuch zur Verfügung gestellt. Das 104 Seiten starke Nachschlagewerk zeigt das umfassende Know-How und die Beratungsexpertise in Wien für Alleinerziehende. Die Themenpalette reicht von Arbeit, Kinderbetreuung bis hin zu Scheidung, Unterhalt, Sozialleistungen, Alleinerziehendennetzwerke uvm.

Wer sein Kind „allein“ erzieht, hat aber meist auch mehr Arbeit zu bewältigen, ist immer einsatzbereit. Ruhephase und Auszeiten sind selten.

Der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Ausbreitung hat Alleinerzieher*innen besonders betroffen: das kompliziert gestrickte Entlastungs-Netzwerk aus Freund*innen und Verwandten – vielfach den Großmüttern – ist zusammen gekracht: die außerhäusliche Betreuung fiel flach, Homeoffice, wo das möglich war, musste mit den ständig anwesenden Kindern und Homeschooling vereinbart werden. Dazu kommen vielfach eigene existenzielle Ängste und Einkommensverlust, nicht zuletzt durch Wegfall oder Reduktion von Alimenten.

„Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“(nigerianisches Sprichwort)

Kindererziehung ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Wer das Kindeswohl bestmöglich schützen will, muss auch die Rahmenbedingungen für Ein-Eltern-Familien verbessern!

Deshalb setzen wir uns für folgende Verbesserungen in Wien ein:

  • Ein städtische CARE-Plattform über die alle notwendigen Leistungen einfach – zu sozial gestaffelten Tarifen – zugekauft werden können (Babysitting, Betreuung im Krankheitsfall, Nachhilfe, Haushaltshilfe, Einkaufsservice, Reinigung etc.)

  • Erleichterung für Familien mit flexiblen Wohnsituationen bei Kindergartenplatz oder Schulsuche

  • Ausbau von kostenlosen Krisenhilfen und therapeutischen Angeboten für alle Kinder und Jugendlichen

  • Ausbau und Bewerbung von telefonischen & online Beratungsangebote für Kinder und Erwachsene

  • Unterstützungsfonds zur Linderung kurzfristiger Notlagen (auch für Menschen ohne Mindestsicherungsanspruch)

Das vorliegende Handbuch hat zum Ziel die vorhandenen Angebote aufzuzeigen. Als Ratgeber und Überblick, um schnell die richtigen Ansprechpartner*innen zu finden.

 

Grüne Bildungswerkstatt Wien und Grüne Frauen Wien: „Als Herausgeberinnen bedanken wir uns ganz herzlich bei den Vereinen und Beratungseinrichtungen. Besonderer Dank gilt auch FH Hon. Profin Drin Gabriele Vana-Kowarzik für ihren Fachbeitrag zum Thema Obsorge und Maga Judith Gingerl für die Faktenaufbereitung zum Thema Unterhalt. Erst die großzügige Bereitschaft dieser Organisation, ihr Leistungsangebot im Handbuch für Alleinerziehende vorzustellen, machte dieses Projekt möglich. Wir freuen uns, dass diese einzigartige Co-Produktion gelungen ist.“

 

Die Herausgeberinnen zum Hintergrund der Entstehungsgeschichte des Handbuchs: „Die Idee zum Handbuch entstand, nachdem wir gesehen haben, dass ein One-Stop-Shop wie es die erste Beratungsmesse für Alleinerziehende im Februar dieses Jahres war, besonders gut ankommt.“ Alleinerziehende konnten dort ihre Fragen zeiteffizient und bedürfnisorientiert an Expert*innen stellen, ohne mühsame Terminvereinbarungen und zeitfressender Fahrten durch die Stadt.

Die Erfahrung zeigte, dass es sehr hilfreich ist, alle Infos auf einem Fleck zu haben. Mit der Info-Broschüre in der Hand müssen Alleinerziehende nun auch nicht mehr quer durch das Netz surfen, sondern sie können themenorientiert nachschlagen. Die Herausgeberinnen freuen sich, dass es gelungen ist, die Publikation noch rechtzeitig zum Ersten Internationalen Feiertag der Alleinerziehenden in Wien der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

90 Prozent aller Alleinerziehenden sind weiblich. Damit ist die Lage der Alleinerziehenden von frauenpolitischer Relevanz. Denn es zeigt einmal mehr, wie sehr strukturell die emotionale, soziale und finanzielle Verantwortung ausschließlich auf den Schultern der Frauen lastet und gleichzeitig Alleinerziehende auch die geschlechtsspezifischen Nachteile am Arbeitsmarkt in voller Härte zu spüren bekommen. Die Covid-19-Pandemie hat neuerlich verdeutlicht, wie groß die Belastungen der Alleinerziehenden sind, insbesondere dann, wenn die institutionelle Kinderbetreuung ausfällt, das soziale Netzwerk zu social Distancing angehalten ist und die eigene Wohnung zu Office, Schule und Spielplatz mutieren soll. Für Frauensprecherin Huemer ist daher ganz klar: „Die Politik muss mehr durch die Brille der Alleinerziehenden schauen, damit sich die Lebenslagen der Alleinerziehenden und ihrer Kinder verbessert.“

Barbara Huemer, Frauensprecherin der Grünen Frauen Wien: „Wer 365 Tage im Jahr rund um die Uhr für alles zuständig und allein verantwortlich ist, hat wenig Zeit. Zeit, die es jedoch braucht, um gut informierte Entscheidungen zu treffen. Mir ist es wichtig, dass Frauen und ihre Kindern ein gutes und selbstbestimmtes Leben in Wien führen können. Dazu gehört, gut informiert Entscheidungen zu treffen. Dieses Handbuch ist ein wichtiges Puzzleteil dazu. Dieses Nachschlagwerk soll Alleinerziehenden helfen, rasch die richtigen Ansprechpartner*innen und Antworten zu finden und somit langwieriges Recherchieren zu ersparen. Ich verstehe dieses Handbuch für Alleinerziehende als kleinen, feinen Beitrag zum Empowerment und zur Teilhabe von Alleinerziehenden. Das Gratishandbuch ist eine Erweiterung des Informationsangebots für Alleinerziehende.“

Ursula Berner, Sprecherin für Familie und Kinder: „Der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Ausbreitung hat Alleinerzieher*innen besonders betroffen: das kompliziert gestrickte Entlastungs-Netzwerk aus Freund*innen und Verwandten – vielfach den Großmüttern – ist zusammen gekracht. Dazu kommen vielfach eigene existenzielle Ängste und Einkommensverlust, nicht zuletzt durch Wegfall oder Reduktion von Alimenten.

Kindererziehung ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Wer das Kindeswohl bestmöglich schützen will, muss auch die Rahmenbedingungen für Ein-Eltern-Familien verbessern! Das wollen wir in Wien in den nächsten Jahren tun. Das Handbuch liefert eine Sammlung von Ansprechpartnerinnen, wo sich Alleinerziehende schnell Hilfe holen können.“

Elisabeth Kittl, Vorstand Grüne Bildungswerkstatt Wien: „Die Prämissen der Verteilungsstrukturen von Zeit und Geld bedürfen eines Neudenkens. Immer mehr Menschen arbeiten in Teilzeit. Die hohe Teilzeitquote von Frauen (etwa 50 %) ist eine Folge des von ihnen übernommenen und ihnen gerne zugewiesenen sich-kümmern-um und in-Beziehung-treten-zu. Eine unersetzliche soziale Aufgabe, gratis erbracht. Ja, es ist an der Zeit, nicht ausschließlich Erwerbsarbeit, sondern zunehmend Sorgearbeit als Maßstab für politische Entscheidungen heranzuziehen. Anstöße dazu möchte die Grüne Bildungswerkstatt Wien in Kooperation mit den Grünen Frauen Wien geben. Mit dem Handbuch richten wir den Fokus auf die, die den größten Herausforderungen dieser Missverteilung von Sorge, Zeit und Geld unterliegen: die Alleinerziehenden. Auf Initiative der Grünen Frauen Wien gelang es, die Unterstützungsangebote für Alleinerziehende auf der, dem Buch vorangegangenen Messe als One-Stop-Shop zu bündeln. Die Vernetzung der Beratungseinrichtungen untereinander und mit den NGOs in diesem Bereich war ein weiterer demokratiepolitisch wichtiger Effekt.“

Zahlen und Fakten zum Handbuch
groß*und*klein – Handbuch für Alleinerziehende und ihre Kinder

Herausgegeben von der Grüne Bildungswerkstatt Wien in Kooperation mit den Grünen Frauen Wien, Wien September 2020

40 Beiträge von Beratungsorganisationen, 20 weitere Kontaktadressen und Anlaufstellen
Themenregister: Frauen, Kinder, Obsorge, Unterhalt, Alleinerziehende, Kinderbetreuung, Arbeitsmarkt & Weiterbildung, Gesundheit & Schutz vor Gewalt, Soziale und rechtliche Beratung, Interkulturelle Beratung, Krisenbewältigung

Seitenanzahl: 104

Auflage: 2.000 Stück

Erhältlich ist das Handbuch als

 

Systemsprenger – Die Diskussion der Expertinnenrunde zum Film am 19. Jänner 2020 – eine Zusammenfassung

Nach einer Pause, um sich emotional nach dem Film wieder zu sammeln, beginnt die Runde der Inputs der Expertinnen und Fragen aus dem Publikum. Unter der Moderation von Familien- und Sozialsprecherin der Grünen Wien, Gemeinderätin Ursula Berner, sind Dr. Dina Nachbaur vom Weißen Ring https://www.weisser-ring.at/ueber-uns/landesstelle-wien-bundesgeschaeftsstelle/, Dunja Gharwal von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien https://kja.at/ , Dr. med. Katharina Kruppa vom SMZ Ost, und growtogether https://www.growtogether.at/ und DSA Helena Planicka von Eltern für Kinder Österreich http://www.efk.at/de/ am Podium.

Das Interesse am Film war wirklich überwältigend. Innerhalb von einer Woche war die Vorführung gleich zwei Mal ausverkauft. Das zeigt das große gesellschaftliche Interesse daran, wie es Kindern und Jugendlichen geht, die nicht zu Hause aufwachsen können. In Wien werden pro Jahr rund 3.000 – 4.000 Kinder fremd betreut. Darunter sind rund 140 Kinder mit sehr hohem Betreuungsbedarf und darunter rund 30, die es besonders schwierig haben – ganz ähnlich wie die Filmfigur der Benny.

Eltern für Kinder Österreich ist Dienstgeber für Pflegeeltern und Krisenpflegeeltern in Wien seit mehr als 20 Jahren, gleichzeitig tritt der Verein auch als Interessengemeinschaft und Lobby dieser Eltern auf. Grundsätzlich ist es eine ehrenamtliche Aufgabe Kindern ein zu Hause auf Zeit bzw. auf Dauer zu geben. Zur Verfügung gestellt wird eine Ausbildung und Auswahl durch das Jugendamt und dann erhält man Familienbeihilfe und eine Aufwandsentschädigung, um die Dinge des täglichen Bedarfs (Essen, Bekleidung etc.) zu decken. Für den sozialpädagogischen Mehrbedarf, den Pflegeeltern leisten, wie Amtstermine, Supervision und Fortbildung, etc., gibt es zusätzlich die Möglichkeit sich anstellen zu lassen. Je nach Anstellungsmodell liegt der monatliche Bruttoverdienst zwischen knapp unter €500,- bis zu rund €1.400,- .

Wir gehend davon aus , dass Kinder grundsätzlich am besten in einer stabilen Familienform aufgehoben sind. Im Film, und in der Realität, ist natürlich die Frage, was ist mit dem Kind passiert bevor es abgenommen wurde? Welcher Ort, welche Betreuungsform kann daher danach für das Kind am besten passen? Welche ist die beste neue Bezugsperson für das Kind? Im Film sucht Benny vor allem eine stabile Beziehung und einen Ort, an dem sie längerfristig sein kann, sich auf eine Beziehung einlassen kann. Pflegeelternschaft ist sicherlich das bevorzugte Betreuungs-Modell, zumindest vor der Pubertät. Es braucht die richtigen Rahmenbedingungen für Pflegeeltern, damit es gelingen kann (finanzielle und juridische Absicherung, Unterstützung der Eltern).

Der Weiße Ring ist als Organisation auf die Opferhilfe spezialisiert, besonders auf Prozeßbegleitung von von Verbrechen Betroffenen. In den letzten Jahren kam eine große Aufgabe mit der Aufarbeitung der schlimmen Geschehnisse in den großen Heimen der Wiener Jugendwohlfahrt hinzu. Hier hat sich die Stadt Wien sehr mutig und auch konsequent ab 2010 der Aufarbeitung der Vergangenheit gestellt. In den Jahren 1945 – 1970 waren diese Heime richtiggehend geschlossene Institutionen. Damit war das Risiko institutionalisierter Gewalt und von Angriffen gegen die Schwächsten besonders hoch. (Der Bericht)https://www.weisser-ring.at/hilfe-fuer-opfer-von-gewalt-in-einrichtungen-der-wiener-jugendwohlfahrt/
Die Ergebnisse der Studie haben auch in die Reorganisation der Jugendwohlfahrt seit Ende der 90ern Einzug gefunden: Jetzt gibt es nur noch kleine Einheiten mit bis zu 8 Kindern oder Jugendlichen und mehr Pflegeeltern, besonders für Kinder bis 3 Jahre, und direkte Ansprechpersonen für Kinder und Jugendliche, die nicht zu Hause sein können. Besonders erschwerend war in der Vergangenheit, dass den Kindern aus den Heimunterbringungen schlicht und einfach nicht geglaubt wurde, wenn sie über Missstände berichtet haben. Erst nach vielen, vielen Anläufen ist es erst gelungen sich diesem schwierigen Thema zu stellen.
Es gibt nicht nur Kinder wie Benny im Film, die um sich schlagen, manche werden regelrecht still und stiller. Im Zuge der Verbesserungen der Wiener Jugendwohlfahrt wurde eine spezifische Ombudsstelle, für Kinder in voller Erziehung eingerichtet: Kinder und Jugendliche genauso wie erziehende SozialarbeiterInnen können sich bei Schwierigkeiten an diese Ombudsstelle in der Kinder- und Jugendanwaltschaft wenden. https://kja.at/site/home/ombudsstelle-fuer-kinder-und-jugendliche-in-betreuten-wohngemeinschaften/
Ein guter Lernprozess der Verantwortlichen der Stadt Wien.
Für Erwachsene steht auch die Opferhilfe des Weißen Ring offen https://www.weisser-ring.at/opferhilfe/, hier gibt es eine Telefonnummer, die rund um die Uhr besetzt ist.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien hat insgesamt drei Ombudsstellen, eine davon speziell für Kinder in Fremdbetreuung. Diese Stelle ist mit einem Mann und einer Frau besetzt. Sie gehen auch in die Einrichtungen gehen und stellen sich als  Ansprechpersonen vor, auch für SozialpädagogInnen und die RegionalstellenleiterInnen der Jugendwohlfahrt. Gemeinsam wird in der Fachlichkeit beraten, welche Schritte sinnvoll sind.
Eine aktuelle Studie des NPO-Instituts der WU Wien wurde eben zu den komplexen Herausforderungen für betreuende Personen in der Jugendwohlfahrt präsentiert. https://www.wu.ac.at/npocompetence/projekte/aktuelle-projekte/entwicklung-der-betreuungskomplexitaet-von-kindern-und-jugendlichen
Auftraggeber waren zahlreiche NGOs in diesem Bereich. Grundsätzlich hat diese ergeben, dass nicht die Arbeit mit den Kindern an sich schwieriger geworden ist, es sind vielmehr die Arbeit mit dem komplexen Herkunftssystem, die zu stärkeren Herausforderungen führt. Besonders mangelt es an gemeinsamer Sprache im Sinne der gegenseitigen Verständigung zwischen dem professionellen System der Hilfe und den Familien. Besonders im emotionalen Bereich herrscht oft in den Familien Tabuiersierungen und Sprachlosigkeit. Ein guter Austausch über konkrete Probleme ist aber essentiell für die Problembewältigung.  Da nur gemeinsam eine gute Lösung gefunden werden kann, wie die Reise weitergeht. Auch überbordende Dokumentationspflichten kommen dazu.

Vieles an dem Film Systemsprenger und der Protagonistin Benny bewegt sehr. Kinderschutz im Spital ist ein wesentlicher Bereich, in dem täglich vergleichbare Situationen vorkommen können. Es gibt gute Ansätze die Hoffnung machen.
Beispielsweise können Frühe Hilfe einen guten Beitrag leisten, um einen guten Start als Familie zu ermöglichen. Im Film sind immer werden nur immer Andeutungen gemacht, was in der Vergangenheit von Benny passiert ist, wie sie so traumatisiert werden konnte. Besonders sticht auch die Zwiespältigkeit der Mutter ins Auge: sie ist hilflos und liebt ihr Kind, kann Hilfe annehmen. Aber scheitert immer wieder daran, die eigene Vorhaben in der Realität durchzusetzen. Ihre Hilflosigkeit im Umgang mitd er Emotionalität ihrer Tochter  als auch mit ihrer eigenen ist den ganzen Film hindurch greifbar.
In der MAG11, der städtischen Kinder und Jugendhilfe  https://www.wien.gv.at/kontakte/ma11/ gibt es Modelle, wie mit beiden Seiten – Kinder und Eltern – sozialarbeiterisch gearbeitet werden kann. Gleichzeitig sind immer wieder die Ressourcen zu knapp.

Mit den Frühen Hilfen https://www.fruehehilfen.at/ wird in einigen Bezirken Wiens ein Angebot für eine Unterstützung von Familien von Anfang an gesetzt. Eine Ausweitung ist im neuen Regierungsprogramm vorgesehen. Dabei geht es um Familien mit einem mittleren Risiko.

Die Hilflosigkeit des Systems der HelferInnen wird auch im Film „Systemsprenger“ nachvollziehbar dargestellt. Professionelle Distanz zu den KlientInnen ist eine Basis in fast allen therapeutischen und sozialarbeiterischen Settings. Gleichzeitig sind gerade schwer traumatisierte Kinder auf der dringenden Suche nach einer stabilen Beziehung, nach körperlicher Nähe (Kuscheln) und nach „Liebe“. Dieses Spannungsfeld individuell zu gestalten, ohne Übergriffe zuzulassen ist eine ständige Herausforderung für Betreuende. Gerade in diesem Bereich plädiert Kinderärztin und Psychotherapeutin Katharina Kruppa dafür tiefere Beziehungen zuzulassen, um die Kinder langfristig emotional zu stabilisieren. Das bleibt eine große Herausforderung und bedarf regelmäßiger Supervision der Betreuungspersonen und TherapeutInnen.

Das Projekt „Growtogether“ https://www.growtogether.at/familienbegleitung/ unterstützt Familien und Mütter im Hochrisikobereich ihre Beziehung mit dem Kind zu gestalten. Dieses spezielle Angebot in Kooperation mit der MAG11, wird sehr gut angenommen.

Wenn sie sich als Eltern sehr gefordert fühlen, wenn sie Fragen haben oder Hilfe in der Erziehung brauchen, dann sind immer die Elternzentren der MAG11, die erste kostenlose Anlaufstellen. https://www.wien.gv.at/menschen/kind-familie/servicestellen/familienzentren.html. Hier arbeiten speziell ausgebildete SozialarbeiterInnen mit viel Erfahrung, die helfen die passende Unterstützung zu finden. Und natürlich braucht es einfach auch mehr Personal und Ressourcen in der Jugendwohlfahrt, damit diese wertvolle Arbeit geleistet werden kann.

Für längerfristige Leben außerhalb der Ursprungsfamilie sind sicherlich Pflegeeltern, ein ideales Angebot, weil sie mit den Kindern eine längerfristige Beziehung aufbauen können.  In Akutsituationen sind es zunächst Krisenpflegeeltern, die kleiner Kinder übernehmen und betreuen bis eine langfristige Lösung gefunden wird, oder sie in die eigene Familie zurückkommen können-

Die Einbindung von Ehrenamtlichen, etwa bei der Betreuung von Jugendlichen, kann im Sinne der Beziehungsarbeit gut sein. Dennoch braucht es dafür Ausbildung, Betreuung und Begleitung. Es folgt dem Begriff des „Social Parenting“ bei dem Kinder unser aller Aufgabe sind. Hochrisikofamilien brauchen aber tatsächlich professionelle Betreuung.

Für Alleinerziehende gibt es spezielle Angebote von der Stadt Wien. Die neu gegründeten Bildungsgrätzl mit ihrem vielseitigen Angebot sollen gerade die Vernetzung stärken, damit die Stadt für die Kinder da ist und nicht umgekehrt. Außerdem können sie sich natürlich immer an die Familienzentren der Stadt Wien wenden, wenn sie Schwierigkeiten haben oder einen Austausch zu Erziehungsfragen suchen. https://www.wien.gv.at/menschen/kind-familie/servicestellen/familienzentren.html

Grundsätzlich ist das Ziel der Jugendwohlfahrt, dass Grenzüberschreitungen der Eltern, wie sie im Film bei Benny zu sehen waren, rasch und klar gestoppt werden.  Kinder müssen aus der traumatisierenden Situation befreit werden. Fortdauernde Gewalt, ob von der Mutter, dem Vater oder einem Partner der Mutter oder einem anderen nahen Verwandten, Mitbewohner oder Betreuungspersonen müssen möglichst sofort beendet werden.
Zu einer Veränderung der schwierigen Situation kann eine Familienbegleitung auch zB für mehrere Stunden am Tag in Familien gehen und vor Ort helfen destruktive Abläufe zu durchbrechen.  Aber auch die begleitende Psychotherapie für Erwachsene ist wichtig sehr wichtig: Wer selbst nie positive, elterliche Zuwendung erlebt hat, wer nicht gelernt hat, die eigenen Emotionen zu erkennen und zu kanalisieren, hat oft keine Möglichkeit entwickelt, wie er/sie Zuneigung weiter geben kann.
Eine Familie in der Krise ist geschunden wie ein Opfer eines schweren Verkehrsunfalls: während bei äußerlich verletzen im heutigen System keine Frage ist, das er/sie auf die Intensivstation muss, damit alles wieder heilen kann, sind wir in emotional zerstörten Familien mit Gewaltausbrüchen noch oft nicht so weit, die Dringlichkeit der Situation anzuerkennen. Und wie bei einem Intensivpatienten braucht es gerade bei gewaltvollen Eskalationen im Familienumfeld eigentlich eine therapeutische und sozialarbeiterische Intensivbehandlung – für längere Zeit bevor alle wieder in den normalen Alltag zurückkehren können.
So eine Intensivbetreuung kostet, ist aber immer noch wesentlich günstiger als langfristige Auswirkungen für Kindern und Jugendliche, die nicht mehr zurück in die Normalität finden: schlechte Ausbildung, kein Job, Armut, evt. Süchte, psychische Probleme und im schlimmsten Fall Wiederholung des Erlebten in der selbstgegründeten neuen Familie. Diesen Kreislauf kann man nur durch intensivste Betreuung von Familien durchbrechen.

Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe ist spezialisiert darauf, Kindern zu helfen,  wenn sie von ihrer Familie oder dem Hilfssystem allein gelassen werden. Es wird immer wieder und wieder nach einer passenden Lösung gesucht. Das ist die Aufgabe, auch für Kinder wie Benny gibt es immer wieder Angebote.

Grundsätzlich sollten Pflegeeltern besser bezahlt bzw abgesichert werden, im Regierungsprogramm ist das erfreulicherweise festgeschrieben. Dadurch könnte man das Potential ausweiten und auch für Kinder über 3 Jahren Plätze in Pflegefamilien finden, die auf Dauer ein Aufwachsen in Geborgenheit ermöglichen. Besonders die Angst vor einer neuerlichen Trennung muss auf beiden Seiten genommen werden. Ziel ist es jede Form der Re-Traumatisierung zu vermeiden.
Da müssen wir auch die Struktur in den Jugend-WGs ansehen. Momentan kommen auf ein/e SozialpädagogIn rund acht Kinder in einer Wohngemeinschaft. Das reicht für die Basisversorgung aus. Es bleibt aber zu wenig Zeit um eine stabilie, langfristig heilende Beziehung aufbauen.

Kinder haben ein Recht auf Liebe! Da waren sich alle Expertinnen am Podium einig.

Das ist auch die zentrale Aussage des Films „Systemsprenger“:  Benny sucht eine stabile Bezugsperson und auch positiven Körperkontakt. Wenn Eltern nicht da sind, um diese Liebe zu geben, dann ist es eine Herausforderung für das Betreuungssystem und die Jugendwohlfahrt da einzuspringen. Wir haben noch keine endgültige Lösung wie wir das „Liebsdefizit“ der abgenommen Kinder und Jugendlichen nachhaltig ergänzen können.

Mit dieser Sehnsucht nach Beziehung endet die Debatte. Es wird eine Fortsetzung geben in einer Form.

(die Zusammenfassung ist in Zusammenarbeit mit Cordula Höbart entstanden)

Die Diskussion alles Ganzes zum Nachsehen  finden sie hier.

 

Es ist ist genug für alle da – wir müssen es nur gerecht verteilen! – Meine Kandidatur für die Listenwahl zum Wiener Gemeinderat und Landtag

Türkis-Blau und Ibiza haben uns deutlich vor Augen geführt, wie schnell solidarische Strukturen zerstört und Transparenz durch Nepotismus ersetzt werden können.

Das ist eine Warnung, die zeigt, wie wichtig unser Einsatz für Demokratie und Mitbestimmung ist. Für Menschenrechte und Solidarität.

In Wien ist das bisher gelungen. Es ist ein Erfolg der Grünen, dass das graue Wien zu einer weltoffenen, lebenswerten Stadt geworden ist.

Wir haben begonnen, die Grüne Utopie in diese Stadt einzuschreiben – Stück für Stück. Und wir werden es weiter tun! Ich engagiere mich für Soziales, Kinderrechte und für Kunst & Kultur.

Ich kenne die Sonnenseiten Grüner Politik, aber auch die bitteren Stunden: mit der Wahlniederlage 2017 habe ich meinen Job im Parlamentsklub verloren. Aufgeben, war – wie für einige andere, allen voran Werner – keine Option. Ich habe organisiert, dass das Wissen aus dem Klub gesammelt wird und erhalten bleibt – im Grünen Archiv. Die ökologische Wende verbunden mit sozialen Anliegen und Solidarität ist nur mit den Grünen möglich.

Um die Stadt zu gestalten, braucht es Hartnäckigkeit und einen langen Atem. In der Bezirkspolitik habe ich 14 Jahre und im Gemeinderat nun 1 Jahr gearbeitet. Ein positiver Blick in die Zukunft und Zuversicht sind da das Rezept.
Ich kann unterschiedlichste Menschen vernetzen und in schwierigen Situationen kreative Lösungen finden. So konnte ich durchsetzen, dass Wien einen „Platz der Menschenrechte“ hat. Und ein neues Kunstwerk, dass Menschen an einen Tisch und ins Gespräch bringt.

Die Installation von Francois Schein – ein Tisch gedeckt mit den Artikel der Menschenrechte  – steht  im öffentlichen Raum. Er steht auch für niederschwellig für alle erreichbare Kunst. Eine urbane Kunst und Kulturpolitik muss in alle Teile der Gesellschaft wirken. Soziokulturelle Projekte mit AmateurInnen sind ebenso Bestandteil,  wie hochkomplexe Produktionen in größeren Institutionen. Dazu  muss die Förderstruktur überarbeitet werden, am besten mit einem Kulturentwicklungsplan für die Stadt. Damit kann man eine nachhaltige, echte Reform erreichen: mehr Transparenz und Vereinheitlichung bei Vergabekriterien auf Landes- und auf Bezirksebene, gerechte Förderungen für Neue Medien und Film, eigene  Budgets für die Erhaltung der Infrastruktur und Förderhöhen, die ein fair pay für KünstlerInnen möglich machen ! Ich will mehr Fördermöglichkeiten für Bildende Künstlerinnen. Ich will ein innovatives Kinder- und Jugendtheater, das Lust macht sich einzubringen. Und ich will leicht zugänglich Orte, die flexibel bespielt werden können – Stichwort: Leerstand.
Kunst und Kultur  ist grundlegender Bestandteil des „guten Leben für alle“ im Zentrum wie in den Stadterweiterungsgebieten. Sie müssen deshalb von Anfang an in der Planung mitgedacht werden. Faire, demokratische Kulturpolitik formt, lässt zu und inspiriert .

Im Gemeinderat arbeite ich gerade daran Psychotherapie für Kinder auszubauen und Kinderarmut zu bekämpfen. Damit wir zukünftige Krisen vermeiden  oder rechtzeitig abfangen müssen in Wien die Frühen Hilfen auf ganz Wien ausgebaut werden. Mein Ziel ist es, dass jede junge Familie gleich nach der Geburt ein individuelles Angebot erhält mit persönlichem Gespräch und Infos falls Probleme auftauchen.  Außerdem braucht es auch spezifische psychosoziale und therapeutische  Unterstützung für Eltern (vor allem Mütter), denen Kinder abgenommen wurden.
Für junge Erwachsene braucht es mehr Frei Räume, um eigene Ideen zu entwickeln und eine individuelle Unterstützung beim AMS, um den passenden Beruf  zu finden.  Ein ganz besonderes Anliegen sind mir die Care-Leaver also junge Erwachsene ab 18, die die Volle Erziehung verlassen müssen. Für sie braucht es ein umfassendes Unterstützungspaket zum Selbstständig werden: eine Start-Wohnung, Bildungscoach, bzw Berufsberatung gepaart mit sozialer Arbeit. Am liebsten wäre mir hier ein Mentoringprogramm mit  ehemaligen Betreuten aufzubauen.

Jedes Kind hat das Recht auf gleiche Chancen.
Jeder Mensch hat das Recht auf ein Dach über dem Kopf.
Dafür kämpfe ich.

Mehr zu mir findest du auch:

Video zur Kandidaturhttps://youtu.be/BIO-8Tws8gs

FB: https://www.facebook.com/ursulaberner

Twitter: /ursula_berner

Veranstaltungshinweis: Junge „Systemsprenger“ – Filmscreening und Expertinnendiskussion zu den Herausforderungen in der Jugendfürsorge

Kinder können uns alle herausfordern: Eltern, Pflegeeltern und andere soziale Eltern und auch Bildungspersonen. In einer Gesellschaft, die auf Optimierung und Effizienz ausgerichtet ist, sind Kinder oft Störfaktoren. Welchen gesellschaftlich akzeptierten und den psychiatrisch/psychologisch sinnvollen Umgang mit Kindern, die dem gewünschten Rahmen in keiner Weise entsprechen (wollen) bieten wir heute an?
Welche Verbesserungen in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung für Familien mit besonderen Bedürfnissen sind dringend notwendig.
Wo gibt es schon gute Ansätze, die ausgebaute werden können.

Ein Gespräch mit Fachexpertinnen:

Dr.in Dina Nachbaur, Weisser Ring
DSAin Dunja Gharwal, MA, Kinder und Jugendanwaltschaft
DSAin Helena Planicka, Eltern für Kinder Österreich
Dr.in univ. med. Katharina Kruppa, Kinderärztin , Psychotherapeutin, Frühe Hilfen

Ablauf:
ab 11.00 Uhr Brunch
ab 12:00 Filmstart: „Systemsprenger“ von Nora Fingscheidt
ab 14:00 Start Podiumsdiskussion

Datum 19.Jänner 2020 im Admiralkino, 1070

Der Eintritt ist kostenlos, bitte um Reservierung unter reservierung@admiralkino.at

Die Veranstaltung ist in Kooperation mit der Grünen  Bildungswerkstatt Wien und den Neubauer Grünen entstanden.

https://www.facebook.com/events/583925175706950/

 

Die Diskussion zum Nachhören

 

Gewalt in Kinderheimen: Der Abschlussbericht

Ein Jahrzehnt lang wurde die strukturelle Gewalt in Wiener Kinderheimen und Pflegefamilien aufgearbeitet. Heute wurde vom „Weißen Ring“ der Abschlussbericht vorgelegt.

Abschlussbericht: Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt​

 

Der umfangreiche Bericht bietet neben Details zu den Ausgaben, den Prinzipien und dem Ablauf des Projekts auch sehr persönliche Einblicke aus Sicht der Mitglieder des Gremiums. Außerdem enthält er eine ausführliche Analyse der Schreiben Betroffener, die sich im Zuge des Projekts mit Lob und Dank aber auch mit Kritik an den „Weißen Ring“ gewandt hatten. Ein Überblick über die zahlreichen für das Projekt relevanten Studien und deren wesentlichste Ergebnisse sowie eine umfangreiche Literaturliste runden den Text ab.

HINTERGRUND

2010 wurde mit dem Weißen Ring eine Kommission zur Untersuchung der Vorkommnisse in der Jugendwohlfahrt eingerichtet. Der Untersuchungszeitraum beginnt mit dem Ende des 2. Weltkriegs bis zur Jahrtausendwende, mit dem Schwerpunkt auf die 1950er und 60er Jahre, es wurden vor allem persönliche Gespräche mit den Betroffenen geführt, deren Erleben wurde dokumentiert. Der persönliche Aufarbeitungsprozess wurde aktiv durch Psychotherapie unterstützt. Die Betroffenen durften auch Einsicht in ihre Kinderakten der MA11 nehmen. Diese enthielten schockierende, diskriminierende und menschenverachtende Dokumente.

Wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte

Erst die wissenschaftliche Aufarbeitung machte das Ausmaß der strukturellen Gewalt in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sichtbar. Damit dies gelingen konnte, wurden Archive der Stadt Wien und anderer Institution geöffnet. Der Impuls zur Aufarbeitung ging vor allem von den damals betroffenen Kinder und Jugendlichen aus. Im Juni 2012 wurde unter Leitung von Reinhard Sieder und Andrea Smioski eine umfangreiche wissenschaftliche Studie (https://www.wien.gv.at/kontakte/ma11/pdf/endbericht-erziehungsheime.pdf ) veröffentlicht. Darin werden alle Formen der Gewalt wie strukturelle, soziale, materiell-ökonomische, körperliche, psychische, sexualisierte und sexuelle Gewalt wahrgenommen. Im Juni 2013 wurde von der Kommission Wilhelminenberg unter Leitung von Barbara Helige der Abschlussbericht vorgelegt. (http://www.kommission-wilhelminenberg.at/presse/jun2013/Bericht-Wilhelminenberg-web_code.pdf) In diesem wird die physische und psychische Gewalt und der massive sexuelle Mißbrauch an Minderjährigen bestätigt und die Stadt Wien dazu aufgefordert, sich öffentlich für das entstandene Leid zu entschuldigen.

Anerkennung der Opfer

Heim- und Pflegekindern wurde systematisch ihre Würde geraubt. Jedes Gespräch mit Heimopfern belegt das System der strukturellen Gewalt. Auf Betreiben der damaligen Sozialsprecherin Birgit Hebein wurde 2016 im Parlament eine Gedenkveranstaltung für Opfer von Kinder- und Jugendeinrichtungen abgehalten. Diese wurde auch im Fernsehen öffentlich übertragen und war damit breit zugänglich. In Wien wurde zusätzlich im November 2016 eine Gedenktafel im 9. Bezirk an der Stelle der ehemaligen zentralen Kinderübernahmestelle, bekannt als Julius Tandler Heim, enthüllt.

Prävention als Auftrag für die Zukunft

30 Jahre nach Beschluss der Kinderrechtekonvention der Vereinten Nationen ist eines der dunkelsten Kapitel in der neueren Geschichte der Jugendwohlfahrt großteils aufgearbeitet, auch wenn Betroffene dieser unsagbar grausamen strukturellen Gewalt in den Einrichtungen und Pflegefamilien wohl weiterhin mit den Folgen zu kämpfen haben. Zumindest ist das was geschehen ist, umfassend dokumentiert. Damit ist das, was geschehen ist, klar als Unrecht und als schwere Kinderrechtsverletzung ausgewiesen. Die öffentliche Anerkennung der Vergehen kann diese nicht ungeschehen machen. Man kann aber aus der Geschichte lernen. So wurde etwa in der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft eine Ombudsstelle für Kinder, die nicht bei ihren Familien leben können, eingerichtet. (https://kja.at/site/home/ombudsstelle-fuer-kinder-und-jugendliche-in-betreuten-wohngemeinschaften/ ).​

Vorgeschichte des Kinderheims

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