reden, ideen, transparenz

Monat: November 2023

More of the same – leider kein Geld für Innovationen! Rede zum Kulturbudget für die Jahre 2024 und 2025

Nach der positivstischen Leistungsschau meines Voredners muss ich ihnen eine ganz andere Einschätzung des Budgets für die nächsten 2 Jahre geben. es steht unter dem Zeichen:

More oft he same – kein Geld für Innovationen

Letzte Woche wurde die Kulturstrategie für Wien präsentiert – mit dem vorliegenden Budget zeigt sich leider, dass defacto kein Geld für Innovationen geplant ist:

Mit dem vorliegenden Erhöhung von 67 Mio. können im wesentlichen

Investitionskosten und vertraglich-festgelegte Personalkosten abgedeckt werden.

Es werden bestehende Löcher gestopft, aber es bleibt nichts für wirklich tiefgreifende Innovationen oder Umstrukturierungen.

Wir fördern weiterhin Mainstream Angebote wie die Vereinigten Bühnen im großen Stil, die in anderen Städten ohne Subventionen auskommen.
Es gibt keine Vision wie die Theaterlandschaft in Wien in 2030 aussehen soll?

Es gibt weiter keine Pläne wie FAIR PAY in allen Bereichen zu verankert werden kann und wie soll das in Zukunft finanziert werden soll?

Es reicht nicht FAIR PAY zu verlangen, wenn gleichzeitig zu wenige Ressourcen für dafür notwendige Suventionserhöhungen geplant werden!
Die Mittelbühnen werden gerade zwischen den Forderungen der Mitarbeiterinnen und den gedeckelten Förderungen aufgerieben.
Das ist das Gegenteil von FAIR, wenn den Verteilungskampf auf Abhängige auslagert!

Zu den Bereichen im Einzelnen:

Die Kultur-Strategie will „die Kulturszene angemessen in die Stadtplanung und die Schaffung neuer Infrastruktur zu integrieren„.
Das klingt gut, die Realität zeigt aber, dass in der aktuellen Flächenwidmung des derzeit größten Stadtplanungsgebiets im Nordwestbahngelände keine kulturelle Infrastruktur geplant. Das Nordwestbahngelände ist so groß wie die Stadt Krems, ca 16.00- 20.000 BewohnerInnen werden hier in Zukunft leben.

Weder eine städtische Bücherei,

noch eine Veranstaltungshalle als sozio-kulturelles  Nachbarschaftszentrum oder

gar Proberäume für freie Gruppen sind definitiv in der Flächenwidmung erwähnt.

Und das obwohl den freien Kunst-Gruppen – als die benachbarte Nordbahnhalle abgebrannt ist – ein neuer günstiger Veranstaltungsort versprochen worden war.  In der aktuellen Flächenwidmung kommt so ein Ort nicht mehr vor.

Es gibt kein Konzept ob und in welcher Weise der Ort auch als Erinnerungsort entwickelt wird.

Für alle die es nicht wissen: das Nordwestbahn-gelände ist ein historischer Schmerzort:

1938 wurde hier die antisemitische Hass Ausstellung „Der ewige Jude“ gezeigt.
Hier wurden sogenannte arisiertes also enteigneten Güter gestappelt und hier wurden Zwangsarbeiter beschäftigt.

Grund genug den Ort nicht nur als neutrales Logistikzentrum zu behandlen.
Das wäre dann wohl ein sogenanntes „Auslöschen der Geschichte“.
das an anderer Stelle in der Stadt im Zusammenhang mit der Diskussion um die Luegerstatue kritisiert wird.

Die Kulturstrategie nennt zeitgemäße Zugänge zur Erinnerungspolitik als Thema:

Im Umgang mit der LUEGER Statue zeigt sich aber, dass  die aktuelle wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatten zum Umgang mit toxisch en Statuen übersehen oder ignoriert werden.

Damit das klar ist: es ist nicht mehr zeitgemäß die Verherrlichung eines Antisemiten mitten in der Stadt für die Ewigkeit zu erhalten.

Da gibt es wunderbare best practice beispiele aus andere Städten wie Berlin oder Bristol – wie man da kreativ und partizipativ – einen zeitgemäßen Umgang finden kann.

Mein Kollege Nikolaus Kunrath wird da noch mehr dazu sagen.

 

Die Kulturstrategie verspricht weiter „leicht zugängliche Kulturangebote für Kinder“.
Erwähnt aber mit keinem Wort eine Restrukturierung des Theater der Jugend, das mit seinem aktuellen Angebot längst nur mehr Kinder aus finanzkräftigen Familien erreicht.

Kunstorte, werden vor allem als fremd und unnahbar empfunden, wenn kleine Kinder und Jugendliche keinen Zugang kulturellen Bildung haben.

Während die SPÖ auf Bundesebene „ein Instrument für jedes Kind“ fordert, investiert sie in Wien kaum in eine Qualitätssicherung des musischen Unterrichts in der Pflichtschule: Es ist völlig unverständig, dass die Musik-Uni einen eigenen Lehrgang für Musikpädagoginnen betreibt und jährlich viele hochqualifizierte Musikpädagoginnen „auf den Markt geworfen werden“ . Und nahezu keine dieser hochqualifizierten Menschen in unserem Pflichtschulsystem landen. Stattdessen bemühen sich noch immer Volksschullehrende ihre Klassen mit Musik aus der Dose in einen Kinderchor zu verwandeln.  Da wäre deutlich mehr drin.

Und zur Publikumsentwicklung!
Zitat Kulturstrategie: „Durch eine strategische kulturpolitische Steuerung sind marginalisierte gesellschaftliche Gruppen und unterschiedliche Communities kulturpolitische Entscheidungsprozesse eingebunden und nehmen am Kulturdiskurs teil.“
wie diese Strategien zu mehr Inklusion aussehen soll,
wie mehr Diversität auf die großen Bühnen dieser Stadt kommt, wird leider nicht konkret dargestellt.

Zwar soll ein Diversitätsbeirat im Kunst- und Kulturbereich verankert werden, wo der verankert werden soll, wer diesen bestellt, was dessen Handlungsraum ist bleibt im Dunkeln. Es werden Ideen propagiert, aber nicht zu Ende gedacht (oder zumindest nicht kommuniziert)

Es fehlt der Strategie an Unterfütterung, Inhalt und Erfolgsmarker. Weder bei Audience Developement noch bei Outreach wird deutlich, was damit erreicht werden soll.

– Wen will diese Kulturstrategie künftig im Publikum sehen?
– Wie soll die Theaterlandschaft im Wien 2030 aussehen?
– Welche Umverteilungen im Budget sind geplant?
– Welche Kultursparten sollen in Zukunft gefördert werden?

Solche Fragen hätte ich gerne beantwortet in einer Kulturstrategie für Wien

Postskriptum
Transparenz in der Fördervergabe und Kontrollmöglichkeiten für Großsubventionen über 1 Mio. kommt in der vorliegenden Strategie mit keinem Wort vor.

Wenn so viel Steuergeld in die Institutionen fließt, muss offengelegt werden, wie sich dieses verteilt.

Wir brauchen in Wien lebendige Visionen für die Kunst- und Kultur! Wir brauchen eine offene, demokratische und nachhaltige Kulturpolitik.

Vielen DANK

Unser Antrag auf einen Kulturgutschein für alle jungen Wienerinnen und Wiener wurde leider abgelehnt.

kulturausschuss.transparent november 23

Wenn zwei vom Gleichen reden, müssen sie nicht unbedingt das gleiche meinen – weiß das Sprichwort.
So oder so ähnlich muss es wohl zugegangen sein, bei der Erarbeitung der Novellierung des Wiener Museumsgesetzes. Während die MA7 erklärt das Gesetz über Monate in Absprache mit allen Stakeholdern erstellt zu haben, landet Tage nach dem Kultur-Ausschuss eine Stellungnahme der ARGE Wiener Bezirksmuseen in meiner Mailbox. Die stellt die Einbeziehung ganz anders da: Es hätte Gespräche gegeben. Dabei wäre es aber um eine neue „Vereinbarung“ zwischen der Stadt Wien und den Museen gegangen. Verhandlungsgegenstand waren unter anderem die Objekte und Artefakte, die sich derzeit in Obhut der Bezirksmuseen befinden. Die ARGE wäre nie informiert worden, dass es eigentlich um eine Novellierung im Museumsgesetz geht. Sie fühlen sich vor den Kopf gestoßen, weil nicht klar ausgedruckt worden war, dass sie mit der Novellierung ihre Unabhängigkeit verlieren sollen und stattdessen im Wien Museum aufgehen.

Zitat aus der Stellungnahme der ARGE Wiener Bezirksmuseen:
„Wir führen derzeit gute Gespräche mit der Stabstelle Bezirksmuseen im Wien Museum, der Abschluss eines Memorandums of Understanding steht unmittelbar bevor. Auf Anregung aus dem Büro der Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler Anfang Oktober 2023 haben wir die Punkte Inventarisierung und Eigentumsverhältnisse aus den Verhandlungen ausgeklammert, um sie erst danach zu besprechen und eine Lösung in beiderseitigem Einvernehmen zu finden.
Genau jene beiden Punkte finden sich jetzt aber im Initiativantrag betreffend eine Novellierung des Wiener Museumsgesetzes und sollen damit ohne jegliche Einbeziehung der ARGE rechtlich bindend beschlossen werden.“

Weiters wird im neuen Museumsgesetz das bisherige Kuratorium durch einen Aufsichtsrat ersetzt. Die Vertreter:innen werden von verschiedenen Organen der Stadtverwaltung (amtsführender Stadtrat für Kultur, Kulturamt, Finanzverwaltung, Magistratsdirektion, Betriebsrat und Personalvertretung) genannt. Bisher mussten diese Stellen jeweils der Landesregierung einen DREIERVORASCHLAG vorlegen. Dieser Passus wurde nun aus dem novellierten Gesetz gestrichen.  (vgl. §13 des geltenden Wr. Museumsgesetzes )
Die zwei externen Wissenschaftler, die früher Teil des Kuratoriums waren, wurden im neuen Gesetz gestrichen.

Auch die Vergütung des neuen Aufsichtsrates wird intransparenter.  Das Kuratorium im alten Gesetz wurde nach dem Beamten Gehaltsschema vergütet, der Aufsichtsrat in der Novellierung soll aber im Einvernehmen der zust. Stadträtin mit der Finanzverwaltung der Stadt Wien vergütet werden. Details dazu wurden im Ausschuss nicht benannt, es werde „nach Marktlage“ bezahlt werden.

Insgesamt bleiben für uns zu viele Fragen bezüglich Transparenz und den Bestellvorgängen offen, ebenso wie welche Rolle und welche Aufgaben die ARGE Wr. Bezirksmuseen im Verhältnis zum Wien Museum in Zukunft haben soll. Daher haben wir die Gesetzesnovellierung abgelehnt.

 

Was haben wir noch erfahren: im Otto Wagner Areal wird ein Atelierhaus für bildende Künstler:innen entstehen. Das ist prinzipiell fein. Zwei bittere Beigeschmack sind dabei zu schlucken: wir haben noch nichts darüber erfahren nach welchen Kriterien  die Räume vergeben werden sollen?

(c)David Bohmann

Und nach wie vor ist die öffentliche Anbindung ans Otto Wagner Areal verbesserungsfähig. Wenn dort mit weiteren öffentlichen Einrichtungen wie dem DÖW eine attraktiver Kulturcluster entstehen soll, muss unbedingt in einen Ausbau der Öffis investiert werden: sowohl was die Frequenz untertags betrifft als auch besonders in der Nacht.

Das Nachschießen von Förderung an das Theater am Werk wurde nicht zuletzt notwendig, weil der Ausschreibungsvorgang und dann auch die Neu-Bestellung der Leitung nur recht rumpelig funktionierte.
Es gibt bis heute kein konsequentes und transparentes Bestellprozedere und schon gar nicht ein strukturiertes Übergabe Procedere für die Theaterhäuser der Stadt Wien.  Daran sollte die Stadt dringend arbeiten, um zukünftig solche ungeplanten Mehrkosten zu vermeiden.

Anbei die Akten im Einzelnen:

Post Nr. 1

  1. Antrag von GRin Mag.a Laura Sachslehner, BA und GRin Mag.a Caroline Hungerländer betreffend „die Benennung einer Verkehrsfläche nach Papst Johannes Paul II“.
  2. Bericht von Frau Kulturstadträtin Mag.a Veronica Kaup-Hasler.

Antrag: SPÖ/NEOS, ÖVP, FPÖ dafür| GRÜ dagegen
Beantwortung: einstimmig dafür

 

Post Nr. 2

  1. Beschluss-(Resolutions-)Antrag von GR Peter L. Eppinger, GRin Mag.a Laura Sachslehner, BA, GRin Mag.a Bernadette Arnoldner und GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA betreffend „Wissenschaftsoffensive im Kampf gegen Antisemitismus“.
  2. Bericht von Frau Kulturstadträtin Mag.a Veronica Kaup-Hasler.
    Antrag: SPÖ/NEOS dagegen | ÖVP, GRÜ, FPÖ dafür
    Beantwortung: SPÖ/NEOS, GRÜ dafür | ÖVP, FPÖ dagegen

 

Post Nr. 3

Initiativantrag von Abg. Dr. Gerhard Schmid, Abg. Mag. Dr. Ewa Samel, Abg. Jörg Neumayer, MA, Abg. Mag. Nicole Berger-Krotsch und Abg. Thomas Weber betreffend „eine Novellierung des Wiener Museumsgesetzes“.
SPÖ/NEOS, FPÖ dafür
ÖVP, GRÜ dagegen

 

Post Nr. 4

Der Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft nimmt den dritten periodischen Bericht der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft über im Zeitraum 01.07.2023 bis 30.09.2023 durchgeführten Umschichtungen von veranschlagten Mittelverwendungen im Rahmen zulässiger Deckungsfähigkeiten (§86 Abs. 5a WStV.) im Finanzjahr 2023 zur Kenntnis.
einstimmig dafür

 

Post Nr. 5

Die Förderung an den Verein Wien Wissen – Verein zur Förderung von Bildungs- und Wissenschaftskommunikation im Großraum Wien für den Wiener Ball der Wissenschaften 2024 in der Höhe von insgesamt EUR 55.000 wird gemäß Förderrichtlinien der Magistratsabteilung 7 genehmigt. Die Bedeckung ist im Voranschlag 2023 gegeben.
SPÖ/NEOS, ÖVP, GRÜ dafür
FPÖ dagegen

 

Post Nr. 6

1)Die Errichtung des ATELIERHAUS WIEN am Standort Otto-Wagner-Areal, Pavillon 18, Wien Penzing, wird befürwortet.

2)Die Magistratsabteilung 7 wird ermächtigt, die Stadt Wien Kunst GmbH mit dem Mietvertragsabschluss für den Pavillon 18 zu beauftragen.

3)Weitere Umsetzungsschritte, die für die Stadt Wien rechtliche oder finanzielle Verpflichtungen begründen, sind einer gesonderten Beschlussfassung durch die zuständigen Organe der Stadt Wien vorbehalten.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)
einstimmig dafür

 

Post Nr. 7

Für die Förderung an die Kulturzentren „Kabelwerk“ GmbH für die Jahrestätigkeit 2023 wird im Voranschlag 2023 eine erste Überschreitung in Höhe von EUR 300.000 genehmigt, die mittels Minderauszahlungen zu decken ist.

Die Förderung an die Kulturzentren „Kabelwerk“ GmbH für die Jahrestätigkeit 2023 wird mit einer Erhöhung des bereits genehmigten Betrages von ursprünglich EUR 1.350.000 um EUR 300.000 auf sohin insgesamt EUR 1.650.000 gemäß Förderrichtlinien der Magistratsabteilung 7 genehmigt. Die Bedeckung ist vorbehaltlich der Genehmigung des Punktes A im Voranschlag 2023 gegeben.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)
SPÖ/NEOS, GRÜ dafür
ÖVP, FPÖ dagegen

 

Post Nr. 8

Für die Förderung an das Architekturzentrum Wien für bauliche Adaptierungen im Sammlungsdepot und Research Center wird im Voranschlag 2023 eine zweite Überschreitung in Höhe von EUR 215.000 genehmigt.

Die Förderung an das Architekturzentrum Wien für bauliche Adaptierungen im Sammlungsdepot und Research Center in der Höhe von insgesamt EUR 430.000 wird gemäß Förderrichtlinien der Magistratsabteilung 7 genehmigt.

Die Bedeckung ist vorbehaltlich der Genehmigung des Punktes A im Voranschlag 2023 mit EUR 215.000 gegeben.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)
einstimmig dafür

 

© 2024 ursula berner

Theme von Anders NorénHoch ↑