„Ich glaube, es ist eine traurige Wahrheit, dass wir unserem Affenzustand noch sehr nahe sind und dass die Zivilisation nur eine sehr dünne Decke ist, die sehr schnell abblättert.“
Diese Zitat stammt von Fritz Bauer, einem deutschen Juristen, der schon 1933 verhaftet wurde, weil er gegen die Machtergreifung protestiert hat. Damals war er 8 Monate in Haft. Er wanderte später nach Dänemark aus, wurde auch dort verfolgt und 1940 interniert – schließlich gelang ihm eine Flucht nach Schweden.
Nach dem Krieg 1949 kehrte Bauer nach Deutschland zurück. Seine Antwort auf die erlebten Leiden waren: Aufbau einer besseren Welt!
Fritz Bauers engagierte sich um eine demokratischen Justiz aufzubauen, für eine konsequenten strafrechtlichen Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts und für eine der Reform des Straf- und Strafvollzugsrechts.
Unter anderem lieferte er maßgebliche Hinweis für Adolf Eichmanns Verhaftung.
Warum zitiere ich das?
Erstens – weil die Geschichte von Fritz Bauer zeigt wie hart war es gerade auch nach dem Krieg war sich gegen Diffamierung und für Aufarbeitung und demokratische Rechtsstaatlichkeit einzusetzen. Und, dass er dennoch dran geblieben ist.
Und zweitens – weil gerade das Bild – die dünne Decke der Zivilisation – hervor streicht was für mich am Novemberpogrom so entsetzlich ist: Es waren großteils nicht „fremde Mächte“ – die Synagogen angezündet haben, Geschäfte und Wohnungen geplündert haben. Es waren Nachbarn, Bekannte, Mitschüler.
Auf Zuruf wurden alle gesellschaftlichen Normen, alle Regeln der Höflichkeit, alle Regeln des Zusammenlebens über Bord geworfen.
Die aggressive Stimmung, das rassistische antisemitische Reden in Politik und Medien, und auch im Alltag hatte den Boden gut vorbereitet. Da genügte ein Funke, um die Decke der Zivilisation abzuziehen und Zerstörung und Gewalt zu ermöglichen.
Aber: Wenn wir uns heute an die damaligen Schrecken erinnern, reicht es nicht sich entsetzt abzuwenden.
Wir müssen eine Verbindung zum heute schaffen. Erinnerungsort helfen uns Schmerz zu verarbeiten – aber sie können mehr.
Sie zeigen wohin Hate-talk – wie man es modern nennt – führt.
Wir erleben gerade, wie internationale Konflikte hierzulande als Rechtfertigung für antisemitische Hetze missbraucht werden.
Der aktuelle Antisemitismusbericht weist eine Verdoppelung von antisemitischen Übergriffen seit Oktober 2023 aus.
Drohungen gegen jüdische Einrichtungen, antisemitische Graffitis oder körperliche Übergriffe sind völlig inakzeptabel.
Wir müssen als Gesellschaft klar und unmissverständlich gegen Antisemitismus und für die Einhaltung der Menschenrechte auftreten – auf der Straße, in den Schulen und in der Politik.
Der zunehmende Rechtsextremismus im Land und die regelmäßigen Versuche autoritäre Ideologien zu normalisieren, gefährden unser demokratisches Fundament.
Dazu zählt auch ehemalige NAZIS weiter unhinterfragt im öffentlichen Raum zu ehren.
2025 ist es endlich an der Zeit sich auch zu trauen – ehemaligen Helden neu zu bewerten – ja eventuell solche Ehrungen auch aus dem öffentlichen Raum zu entfernen.
Wenn es möglich ist den GMEINER – Park in ersten Bezirk umzurennen – muss es ebenfalls möglich sein auch die Ehrung für Andreas Rett zurückzunehmen. – einem Kinderarzt, der zahlreiche Behinderte Kinder am Steinhof gequält hat und bis weit in der 70er Jahre hinein unfreiwillige Sterilisationen an behinderten Frauen durchgeführt hat.
Unsere Geschichte und die jahrzehntelang bemühte Opferthese Österreichs verpflichtet uns nicht nur Opfergeschichte zu erzählen, sondern auch in besonderer Weise Tätergeschichte aufzuarbeiten und öffentlich zu machen.
Da ist bisher noch wenig passiert – in der AK wurde vor wenigen Wochen eine permanente Installation „Schaltstelle des Terrors“ dazu eröffnet.
(und im übrigen bin ich der Meinung, der Morzinplatz muss neu gestaltet werden.)
Wir müssen Verantwortung für die begangene Verbrechen übernehmen, uns der Geschichte stellen. – Heute und für die Zukunft.
Erinnerungskultur darf nie nur rückwärtsgewandt sein. Vielmehr muss das Ziel sein Ausgrenzungsstrategien und Abwertungsstrategien rechtzeitig zu erkennen, aufzuzeigen und dagegen aufzutreten:
Das Entsetzen durch die Shoah verpflichtet uns, auch heute klar Haltung zu zeigen:
Gegen Terror,
gegen Antisemitismus und
und für die unbedingte Einhaltung der Menschenrechte!



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