reden, ideen, transparenz

Monat: Oktober 2025

kulturausschuss.transparent – Okt 25 – es wird gespart!

Auch der Oktober-Ausschuss war kurz. Nur 5 Aktenstücke.
Was sich ablesen lässt: das Gezerre ums Kulturbudget ist offenbar noch voll im Gange.
Was sich leider auch ablesen lässt: es wird gespart.

Punkt 1: die Arbeitsstipendien sind eine gute Möglichkeit, um freien Künstler:innen ein  Jahr lang ein regelmäßiges Einkommen zu verschaffen. Ein Win-Win für Stadt und Künstler:in. Letztere bekommen Rahmenbedingungen, um intensiv an einem Thema arbeiten zu können, und Sozialversicherungsbeiträge einzuzahlen – die Stadt bekommt ein künstlerisches Projekt.
Während Corona hat die damals noch rot-grüne Stadt-Regierung die Anzahl der Arbeitstipenden dem Bedarf angepasst. 3000 Stipendien wurden damals vergeben!!

Nun werden die Ausschussmitglieder geblendet: Zuerst gibt es eine Reihe von Akten mit Änderungen für neue Förderrichtlinien. Motto ”Alles wird flexibler” – wir können die Stipendien jetzt besser nach Bedarf vergeben. Und klammheimlich im Gemeinderats-Antrag sind die Arbeitstipendien dann plötzlich geschrumpft:
Statt bisher 84 Stipendien – eh zu wenig – werden ab 2026 nun nur noch 48 (!) vergeben
. Tatsächlich wird es in Zukunft nur noch 50% der bisherigen Arbeitsstipendien geben!

Das ist angesichts der angespannten sozialen Lage für Künstler:innen und den ab Jänner drohenden Verbot von Zuverdienst im AMS-Bezug ein weiterer Schlag in die Magengrube. Wieder wird zu Lasten der freien Künstler:innen gespart.

Das führt gleich zur zweiten Irritation im Ausschuss: Im Rahmenbetrag Literatur (umfasst ca 1 Mio. für literarische Einzel-Projekte und Vereine) findet sich ein Posten über 70.000 € für die Erstellung des Konzepts fürs neue Kinderliteraturhaus in Wien Floridsdorf.

Was ist dran kritisch?
Da muss ich ein wenig ausholen.

Vorab: Wir Grüne sind natürlich für die Errichtung eines neuen Kinderkulturzentrums in Floridsdorf! Das kulturelle Angebot in Floridsdorf insbesondere das für Kinder und Jugendliche ist absolut überschaubar. Gerade im bevölkerungsreichen Nordteil der Stadt braucht es mehr Orte, an denen Kinder Kunst und Literatur früh erfahren und partizipativ erleben können.
Der Weg, wie dieses Projekt geplant und finanziert wird, gibt Anlass zu großer Sorge.

Schon der erste Antrag für die Errichtung zeigte, wie unausgereift die Kostenplanung war (ich habe im Blog schon davon berichtet): Im Jahr 2024 wurden 13,065 Millionen Euro bewilligt – doch schon in der Vorlage ist zu lesen, dass „Mehrkosten durch zusätzliche Anforderungen zu Barrierefreiheit, Inklusion und Gleichstellung entstehen und gegebenenfalls ein weiterer Antrag gestellt werden muss“. Mit anderen Worten: bereits bei der Beschlussfassung war klar, dass das Budget nicht reichen wird.

Doch was dann folgte war echt nicht zu erwarten: jedes Monat kam ein neuer Finanzantrag zu dem Projekthier ein kleiner Überblick: 

  • Nov: 2023:
    KÖR GmbH wird zur KRW Kultur Raum Wien GmbH – Bau von Kinderkulturhaus in Floridsdorf wird avisiert:
  • März 2024:
    64.500 € nur für Planung des Zoom 2 (= Kinderkulturhaus) und Konzipierung ans ZOOM
  • Sept. 2024:
    – 170.000€ (Aufbau, Personal, Büro für KRW GMBH)
    – 13.065.000 € Umbau und Einrichtung + ( 2 Mio. 2024 /11,06 Mio. 2025 Mehrkosten für Barrierefreiheit
  • Nov 2024
    130.000 für Mietvertrag Erstellung – da waren schon 2 Mio. für das Jahr 2024 freigegeben!
  • Dez 2024:
    – 390.000 € Betrieb und Baubegleitung KRW GMBH für das Jahr 2025(mehr als doppelt soviel wie im Vorjahr)
  • – 303.000 für Vorbereitungskosten dh. Programm- und Organisationsentwicklung sowie für die Erarbeitung des Gestaltungskonzepts ans ZOOM
  • März 2025:
    Mehrkosten für Barrierefreiheit 1,5 Mo (für 2026)
    und jetzt Oktober 2025:
    70.000€ (aus dem Rahmenbetrag Literatur) für Kinderliteraturhaus für Konzept und Gestaltung der neuen Location.

(c)Kuehn Malvezzi

Meine Frage: Warum kommt die Gestaltung des Literaturhaus erst jetzt 2025 ins Spiel? Warum wurde Gestaltung und Konzept nicht von Anfang an mit geplant und mitbudgetiert?
Warum wird nun im Rahmenbetrag Literatur versteckt, was offenbar in der Planung vergessen wurde?
Das bedeutet konkret: Gelder, die eigentlich der freien Literatur Szene zugutekommen sollten, werden für ein stadteigenes Großprojekt herangezogen.
Diese Art der Quersubventionierung gefährdet langfristig die Vielfalt und Unabhängigkeit jener kleineren Literatur- und Kunstinitiativen, die in Wien ohnehin um jeden Euro kämpfen.

Wenn Wien in Floridsdorf ein sichtbares Zeichen für Kinderkultur setzen will, dann braucht es  transparente, nachvollziehbare und solide Finanzierungsprozesse – keine Stückwerk-Entscheidungen und kein still-schweigendes Aufblähen der Kosten über mehrere Finanzanträge hinweg!
Wir wollen Klarheit darüber,
– welche Gesamtkosten inklusive Nachbesserungen sind bis 2028 zu erwarten
– welche Bau- und Planungsetappen sind noch offen,
– und wie wird die Finanzierung künftig kontrolliert.

Hier Details  zu den Aktenstücken:

Post Nr. 1

  1. Beschluss-(Resolutions-)Antrag der Gemeinderät*innen Mag. a Mag.a Julia Malle,
    Felix Stadler, BSc, MA, Mag.a Barbara Huemer und Mag.a Ursula Berner, MA betreffend Unterstützung für Wissenschaftler*innen aus Ländern mit eingeschränkter Wissenschaftsfreiheit.
  2. Bericht von Frau Kulturstadträtin Mag.a Veronica Kaup-Hasler.

BA: SPÖ/NEOS, FPÖ dagegen; ÖVP, GRÜ dafür
Beantwortung: SPÖ/NEOS, ÖVP, FPÖ dafür; GRÜ dagegen

Post Nr. 2

Der Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft genehmigt den Inhalt der beiliegenden Förderrichtlinien für den Kunstankauf sowie die dargelegte Vorgehensweise und ermächtigt die Magistratsabteilung 7 redaktionelle und formelle Anpassungen sowie inhaltliche Änderungen an den Förderrichtlinien vorzunehmen, sofern damit keine finanziellen Auswirkungen und keine Änderungen der Fördervoraussetzungen verbunden sind.

Einstimmig dafür

Post Nr. 3

Die Gesamtsumme der Jahres-Arbeitsstipendien in den Bereichen Literatur, Dramatik, Komposition, Theater, Tanz/Performance, Bildende Kunst/Medienkunst und Film wird mit
EUR 864.000, das sind 48 Stipendien à EUR 18.000, ab 2026 neu festgesetzt.  Der MA 7 – Stadt Wien Kultur wird vorbehalten, eine Aufteilung der insgesamt 48 Stipendien auf die einzelnen Sparten entsprechend dem jeweiligen Bedarf vorzunehmen.

Die Förderrichtlinien für Arbeitsstipendien in den genannten Bereich werden entsprechend den Beilagen geändert, und die MA 7 – Stadt Wien Kultur wird ermächtigt redaktionelle und formelle Anpassungen sowie inhaltliche Änderungen an den Förderrichtlinien vorzunehmen, sofern damit keine finanziellen Auswirkungen und keine Änderungen der Fördervoraussetzungen verbunden sind. Für die Bedeckung der Arbeitsstipendien ab dem Jahr 2026 in den Bereichen Literatur, Dramatik, Komposition, Theater, Tanz/Performance, Bildende Kunst/Medienkunst und Film ist in den Voranschlägen der folgenden Jahre Vorsorge zu treffen.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)

Einstimmig dafür

Post Nr. 4

  1. Für die Erhöhung des Förderprogramms Rahmenbetrag Literaturförderung wird im Voranschlag 2025 eine erste Überschreitung in Höhe von EUR 11.000 genehmigt, die mit EUR 11.000 zu decken ist.
  2. Für das Förderprogramm Rahmenbetrag Literaturförderung wird eine Erhöhung des bereits genehmigten von ursprünglich EUR 810.000 um EUR 131.000 auf sohin EUR 941.000 gemäß Förderrichtlinien der Magistratsabteilung 7 genehmigt. Die Bedeckung ist vorbehaltlich der Genehmigung des Punktes A. im Voranschlag 2025 gegeben.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)
SPÖ/NEOS, GRÜ dafür
ÖVP, FPÖ dagegen

Post Nr. 5

  1. Für die Förderung an TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße GmbH für Umbau und Sanierung des Theaters an der Gumpendorfer Straße wird im Voranschlag 2025
    eine erste Überschreitung in Höhe von EUR 222.000 genehmigt, mit EUR 222.000 zu decken ist.
  2. Die Förderung an TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße GmbH für Umbau und Sanierung des Theaters an der Gumpendorfer Straße in der Höhe von EUR 2.167.000 wird gemäß der Förderrichtlinien der Magistratsabteilung 7 genehmigt. Der auf das Finanzjahr 2025 entfallende Betrag in Höhe von EUR 222.000 ist vorbehaltlich der Genehmigung des Punktes A. im Rahmen des Globalbudgets im Voranschlag 2026 Vorsorge zu treffen.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)
SPÖ/NEOS, GRÜ, ÖVP dafür
FPÖ dagegen

 

 

 

Die blinden Flecken in der Kinder und Jugendtsrategie

Rede im Wiener Gemeinderat, am 24.9.25

Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Vorsitzende, liebe Zusehende im Saal und im Livestream

Es ist schon viel zur Kinder und Jugendstrategie gesagt worden, wir – ALS GRÜNE  – werden partizipative Projekte und politische Bildung immer unterstützen.

Aber: wir Grüne sehen es auch als unsere Pflicht, auf blinde Flecken in der neuen Wiener Kinder- und Jugendstrategie hinzuweisen. Denn diese Strategie kann nur zukunftsweisend und ehrlich sein, wenn sie auch jene mitdenkt, die tagtäglich massive Belastungen und Gefährdungen erleben – und hier versagt die Stadt Wien besonders auffällig.

Was in der aktuellen Strategie völlig fehlt, sind dringend nötige Verbesserungen bei der Kinder- und Jugendhilfe:
Die katastrophalen Zustände in den Krisenzentren sind offenkundig:
Überbelegung ist Alltag, Kinder schlafen mitunter auf Matratzen am Boden oder werden in eine völlig überfordernde Gruppensituation untergebracht. Hochtraumatisierte Kinder landen Tür an Tür mit Jugendlichen, die aus Wohngemeinschaften rückgestellt wurden.
Warum kommen sie zurück in die Krisezentren?
Weil die Kids in der MA11 WG die Gruppe gesprengt haben, zum Beispiel.
Weil sie nicht ausreichend individuell betreut werden konnten.
Solche Kinder und Jugendliche bräuchten eine eins zu eins Betreuung mit spezifisch ausgebildeten SozialarbeiterInnen evt auch therapeutische Unterstützung – stattdessen bekommen sie eine neue Gruppe mit großteils traumatisierten Kindern, die einander nicht kennen.

Die Stadt Wien reagiert immer erst, wenn ein Skandal die Titelseiten erreicht – wie etwa jetzt bei der Häufung von Straftaten bei unter 14 Jährigen,

prompt wird die neue Orientierungshilfe entwickelt und umgestetzt.
Eine an sich sinnvolle Maßnahme! Wir wollten sowas schon lange. Aber aktuell ist sie nur auf ein einziges Jahr budgetiert und es können nur 14 -20 Jugendliche  betreut werden – Der Bedarf, dass wissen alle ExpertInnen, ist weitaus größer! – so wird auch hier nur Symptombekämpfung betrieben statt nachhaltiger Veränderung.

Oder der Umgang mit Careleavern, mit Jugendlichen also, die mit 18 Jahren aus den WGs der MA11 entlassen werden, auch das ist ein weiteres Tabu.

In der alte Kinder und Jugendstrategie steht bei Punkt 147 „für einen besseren Übergang in die Selbstständigkeit, die Betreuung von Jugendlichen, die nicht in der Familie aufwachsen konnten, auch nach Vollendung des 18. Lebensjahrs“ tatsächlich ERLEDIGT –

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was genau ist hier erledieg?
Tatsächlich  landen viele dieser jungen Menschen nach ihrer Zeit in städtischer Betreuung buchstäblich auf der Straße. Fragen sie mal nach im Neunerhaus oder ähnlichen Einrichtungen – wo die jungen Erwachsenen herkommen, bevor sie dort aufschlagen!

Nicht zuletzt weil die Warteliste für Erstwohnungen solange ist, dass die 18 jährigen aus MA11 WGs ca 1 Jahr auf eine neue Wohnmöglichkeit warten müssen!! Was sollen sie in dieser Zeit machen???
Sie können in der Zeit Couchsurfen oder in die Notschlafstelle – sollte sie dort einen Platz finden!

Wien produziert also mit der Jugendhilfe aktiv Obdachlosigkeit – das ist kein Zukunftsmodell, für die kinderfreundlichste Stadt Europas –
das ist eine politische Bankrotterklärung. 

Wir fordern endlich innovative Konzepte für diesen Übergang und eine garantierte Wohnungsperspektive, anstatt diese meist hochbelasteten jungen Menschen im Erwachsenenleben allein zu lassen.

Hier braucht es konkrete Massnahmen und Finanzierung statt reine Willensbekundungen auf Papier!

Eine gute Kinder- und Jugendstrategie muss für alle jungen Menschen in dieser Stadt den Rahmen für ein sicheres und chancengerechtes Aufwachsen schaffen: Dazu gehört eine gesunde urbane Umwelt, volle Krankenversicherung und Gesundheitsversorgung für alle jungen Menschen in Wien, uneingeschränkter Zugang zu angemessener Bildung bis mindestens 18 und echte Mitbestimmung in allen Bereichen, die das Leben von Kindern und Jugendlichen tangieren.

Wir Grüne fordern:

  • Schluss mit den Ausreden, Schluss mit kurzsichtigen Einzelmaßnahmen.
  • Es braucht eine Jugendstrategie mit klaren Maßnahmenplan zur Sanierung und Entlastung der Jugendhilfe:
  • Neuaufsetzen der Krisenzentren,
  • engmaschige Gewalt-Prävention und
  • langfristige Perspektiven für Careleaver.

Kurz es braucht eine Stadt, die wirklich Verantwortung übernimmt für ALLE jungen Menschen, die hier leben.

Nur so sorgt Wien für eine sichere und gerechte Zukunft für Kinder und Jugendliche.

Herzlichen Dank

© 2025 ursula berner

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