Rede im Wiener Gemeinderat, am 24.9.25
Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Vorsitzende, liebe Zusehende im Saal und im Livestream
Es ist schon viel zur Kinder und Jugendstrategie gesagt worden, wir – ALS GRÜNE – werden partizipative Projekte und politische Bildung immer unterstützen.
Aber: wir Grüne sehen es auch als unsere Pflicht, auf blinde Flecken in der neuen Wiener Kinder- und Jugendstrategie hinzuweisen. Denn diese Strategie kann nur zukunftsweisend und ehrlich sein, wenn sie auch jene mitdenkt, die tagtäglich massive Belastungen und Gefährdungen erleben – und hier versagt die Stadt Wien besonders auffällig.
Was in der aktuellen Strategie völlig fehlt, sind dringend nötige Verbesserungen bei der Kinder- und Jugendhilfe:
Die katastrophalen Zustände in den Krisenzentren sind offenkundig:
Überbelegung ist Alltag, Kinder schlafen mitunter auf Matratzen am Boden oder werden in eine völlig überfordernde Gruppensituation untergebracht. Hochtraumatisierte Kinder landen Tür an Tür mit Jugendlichen, die aus Wohngemeinschaften rückgestellt wurden.
Warum kommen sie zurück in die Krisezentren?
Weil die Kids in der MA11 WG die Gruppe gesprengt haben, zum Beispiel.
Weil sie nicht ausreichend individuell betreut werden konnten.
Solche Kinder und Jugendliche bräuchten eine eins zu eins Betreuung mit spezifisch ausgebildeten SozialarbeiterInnen evt auch therapeutische Unterstützung – stattdessen bekommen sie eine neue Gruppe mit großteils traumatisierten Kindern, die einander nicht kennen.
Die Stadt Wien reagiert immer erst, wenn ein Skandal die Titelseiten erreicht – wie etwa jetzt bei der Häufung von Straftaten bei unter 14 Jährigen,
prompt wird die neue Orientierungshilfe entwickelt und umgestetzt.
Eine an sich sinnvolle Maßnahme! Wir wollten sowas schon lange. Aber aktuell ist sie nur auf ein einziges Jahr budgetiert und es können nur 14 -20 Jugendliche betreut werden – Der Bedarf, dass wissen alle ExpertInnen, ist weitaus größer! – so wird auch hier nur Symptombekämpfung betrieben statt nachhaltiger Veränderung.
Oder der Umgang mit Careleavern, mit Jugendlichen also, die mit 18 Jahren aus den WGs der MA11 entlassen werden, auch das ist ein weiteres Tabu.
In der alte Kinder und Jugendstrategie steht bei Punkt 147 „für einen besseren Übergang in die Selbstständigkeit, die Betreuung von Jugendlichen, die nicht in der Familie aufwachsen konnten, auch nach Vollendung des 18. Lebensjahrs“ tatsächlich ERLEDIGT –
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was genau ist hier erledieg?
Tatsächlich landen viele dieser jungen Menschen nach ihrer Zeit in städtischer Betreuung buchstäblich auf der Straße. Fragen sie mal nach im Neunerhaus oder ähnlichen Einrichtungen – wo die jungen Erwachsenen herkommen, bevor sie dort aufschlagen!
Nicht zuletzt weil die Warteliste für Erstwohnungen solange ist, dass die 18 jährigen aus MA11 WGs ca 1 Jahr auf eine neue Wohnmöglichkeit warten müssen!! Was sollen sie in dieser Zeit machen???
Sie können in der Zeit Couchsurfen oder in die Notschlafstelle – sollte sie dort einen Platz finden!
Wien produziert also mit der Jugendhilfe aktiv Obdachlosigkeit – das ist kein Zukunftsmodell, für die kinderfreundlichste Stadt Europas –
das ist eine politische Bankrotterklärung.
Wir fordern endlich innovative Konzepte für diesen Übergang und eine garantierte Wohnungsperspektive, anstatt diese meist hochbelasteten jungen Menschen im Erwachsenenleben allein zu lassen.
Hier braucht es konkrete Massnahmen und Finanzierung statt reine Willensbekundungen auf Papier!
Eine gute Kinder- und Jugendstrategie muss für alle jungen Menschen in dieser Stadt den Rahmen für ein sicheres und chancengerechtes Aufwachsen schaffen: Dazu gehört eine gesunde urbane Umwelt, volle Krankenversicherung und Gesundheitsversorgung für alle jungen Menschen in Wien, uneingeschränkter Zugang zu angemessener Bildung bis mindestens 18 und echte Mitbestimmung in allen Bereichen, die das Leben von Kindern und Jugendlichen tangieren.
Wir Grüne fordern:
- Schluss mit den Ausreden, Schluss mit kurzsichtigen Einzelmaßnahmen.
- Es braucht eine Jugendstrategie mit klaren Maßnahmenplan zur Sanierung und Entlastung der Jugendhilfe:
- Neuaufsetzen der Krisenzentren,
- engmaschige Gewalt-Prävention und
- langfristige Perspektiven für Careleaver.
Kurz es braucht eine Stadt, die wirklich Verantwortung übernimmt für ALLE jungen Menschen, die hier leben.
Nur so sorgt Wien für eine sichere und gerechte Zukunft für Kinder und Jugendliche.
Herzlichen Dank